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Das Publikum entscheidet

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Während die Grazer „Kleine Zeitung“ in dieser Woche ihren 75jährigen Bestand feiern wird, lud ihr etwas kleinerer Bruder, die Kärntner „Kleine Zeitung“, bereits vergangene Woche Prominenz in ihr Haus. Anlaß: ihr 25. Geburtstag. Es gab eine informative Diskussion über „Eine freie Presse in einem freien Land“. Die FURCHE sprach mit Johannes Binkowski, Präsident des Bundesverbandes deutscher Zeitungsverleger, der an der Diskussion teilnahm.

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Während die Grazer „Kleine Zeitung“ in dieser Woche ihren 75jährigen Bestand feiern wird, lud ihr etwas kleinerer Bruder, die Kärntner „Kleine Zeitung“, bereits vergangene Woche Prominenz in ihr Haus. Anlaß: ihr 25. Geburtstag. Es gab eine informative Diskussion über „Eine freie Presse in einem freien Land“. Die FURCHE sprach mit Johannes Binkowski, Präsident des Bundesverbandes deutscher Zeitungsverleger, der an der Diskussion teilnahm.

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FURCHE: In Österreich wird im Zusammenhang mit dem heiß diskutierten neuen Medienrecht, das aber nur ein Presserecht wird, so wie in der Bundesrepublik viel über innere Pressefreiheit und Redaktionsstatute debattiert. Auf diesem Gebiet ist es in der Bundesrepublik Deutschland doch wieder etwas stiller geworden?

BINKOWSKI: In der ersten Zeit wurde die Diskussion vor allem von den Funktionären der Joumalisten- verbände besonders laut geführt. Es gab einige solcher Redaktionsstatute, dann wurde es allmählich stiller.

Wir haben mit den Joumalisten- verbänden jahrelang über einen Tarifvertrag verhandelt, der das Verhältnis zwischen Verlegern und Redakteuren regeln sollte. Das Ergebnis dieser Verhandlungen wurde aber zweimal von den Joumalistenorgani- sationen abgelehnt. Dann kam es zur Jahrestagung der Gewerkschaft Druck und Papier. Hier wurden Beschlüsse zur Pressestruktur überhaupt gefaßt: die privatwirtschaftliche Struktur der Presse wurde in Frage gestellt.

Daraufhin konnte man die Verhandlungen über das Verhältnis zwischen Verlegern und Redakteuren nicht mehr weiterführen. Das sogenannte Presserechtsrahmengesetz wird wahrscheinlich in dieser Gesetzgebungsperiode nicht mehr behandelt. Auch in den Zeitungshäu- sem ist es ruhiger geworden, die meisten Redakteure sind an dieser Auseinandersetzung nur noch bedingt interessiert.

FURCHE: Warum hat das Interesse auch der regierenden SPD am Zustandekommen eines Presserechtsrahmengesetzes nachgelassen?

BINKOWSKI: Für die SPD stehen Kabel-TV und Satelliten-Femsehen im Vordergrund. Es gibt außerdem in der Regierungskoalition nach wie vor Kreise, die ein Presserechtsrahmengesetz nicht wollen. Das sind einerseits Kreise um den Bundeskanzler, das sind aber auch weite Teile der FDP. Jetzt ist es einfach so, daß die audiovisuellen Medien Priorität genießen. Entscheidungen über Kabel- und Satelliten-Femsehen müssen einfach jetzt getroffen werden. Deshalb stürzt man sich mit Vehemenz auf diese Fragen.

FURCHE: In Österreich könnte es zu einem ähnlichen Konflikt zwischen Rundfunk und Zeitungsverlegem in der Frage der Bildschirmzeitung kommen. Wie weit ist diese Diskussion in der Bundesrepublik gediehen?

BINKOWSKI: Wir Zeitungsverleger verhandeln schon seit einigen Jahren mit den Fernseh-Intendanten über die Bildschirmzeitung. Zuerst hatten die Intendanten gar kein Interesse. Dann aber erkannten sie die Bedeutung dieser neuen elektronischen Entwicklung und verlangten die Bildschirmzeitung für sich.

Das Problem war dabei, daß die Fernseh-Intendanten nicht nur eine programmbegleitende und programmergänzende Funktion in der Bildschirmzeitung sahen, sondern auch eine programmüberschreitende. Das war für uns der Tollpunkt. Dann haben wir versucht, auf Länderebene zu einem Kompromiß mit den TV-Anstalten zu kommen, was zuerst gescheitert ist. Vor einem Monat etwa wurde aber doch ein Kompromiß diskutiert und im Grundsatz akzeptiert. Jetzt geht es um die Feinheiten.

FURCHE: Welches sind diese Feinheiten?

BINKOWSKI: Es geht um den Anteil der Zeitungen. Wir wollten ja bereits mit Jahresbeginn in die Experimentierphase gehen. Das hat sich aber jetzt auf Sommer 1980 verschoben, weil die Versuche mit der Bildschirmzeitung parallel zu den Feldversuchen der Post mit Videotext (diese Art des Textes am TV-Gerät ist an einen Telefonanschluß gebunden, Anm. d. Red.) verlaufen sollen. Vorgesehen sind für diese Versuche je 3000 TV-Apparate in Berlin bzw. Düsseldorf.

Nun zum Anteil der Zeitungen an der Bildschirmzeitung. Die Rundfunk-Anstalten beanspruchen von den 76 vorgesehenen Informationstafeln 70 für die Programmbegleitung und Programmergänzung für sich. In die restlichen sechs Tafeln für programmüberschreitende Informationen sollen sich die Zeitungen mit den Rundfunkanstalten teilen.

FURCHE: Was erwarten Sie sich von diesen Experimenten? Was kann dabei herauskommen?

BINKOWSKI: Es kann sein, daß die Annahme durch das Publikum sehr gering ist. Dann hat die Sache keinen Wert. Es kann aber auch sein, daß sie sehr groß ist. Dann kann man die Bildschirmzeitung in größerer Form über das Kabelnetz anbieten. Die Bildschirmzeitung kann unter Umständen die Zeitung der Zukunft sein, wenn sie sich technisch weiterentwickelt.

Die Engländer haben ja bereits „homeprinter“, also die Bildschirmzeitung, die sich jeder zu Hause selbst ausdrucken kann. Für mich ist das noch unvorstellbar, ich glaube auch nicht an diese Zukunft, aber wir müssen alle Möglichkeiten einkalkulieren.

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