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Neuer Landkartenkrieg

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Nachrichten aus dem hohen Nordwesten Chinas besagen, daß Peking jährlich eine Million Chinesen in die an die Sowjetunion grenzende Provinz Sinkiang ins Exil schickt. Die Provinz ist 1955 angeblich im Interesse der dort ansässigen Uiguren, des dominierenden Volkes unter vorwiegend türkischsprechenden Moslemminoritäten, zur „Autonomen Uigurenregion Sinkiang“ erklärt worden.

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Nachrichten aus dem hohen Nordwesten Chinas besagen, daß Peking jährlich eine Million Chinesen in die an die Sowjetunion grenzende Provinz Sinkiang ins Exil schickt. Die Provinz ist 1955 angeblich im Interesse der dort ansässigen Uiguren, des dominierenden Volkes unter vorwiegend türkischsprechenden Moslemminoritäten, zur „Autonomen Uigurenregion Sinkiang“ erklärt worden.

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Die Uiguren — wie die Kasaken, Kirgisen und Mongolen — sollten in wenigen Jahren von den Chinesen überschwemmt werden.

Die Provinz hatte im Jahr 1953 eine Bevölkerung von 5 Millionen. Seither hat sich diese Zahl verdoppelt und soll sich in den nächsten fünf Jahren noch einmal verdoppeln, um schließlich 20 Millionen zu erreichen.

Sinkiang bedeutet „neues Grenzland“ und ist in der Geschichte als Chinesisch-Turkistan bekannt, der türkischen Moslems wegen, die das Gebiet mit nichttürkischen Mongolen und Chinesen teilten. Im Nordosten grenzt Sinkiang an die Mongolische Volksrepublik, in welcher die UdSSR starke Truppenverbände stationiert hat. Im Südwesten grenzt es an Kaschmir und an Afghanistan. Im Westen und im Norden liegen die zentralasiatischen Republiken der Sowjetunion.

Vermutlich fürchtet Peking, daß die nichtchinesische Bevölkerung Sin-kiangs durch sowjetische Manipulation gegen das Regime aufgehetzt werden könnte, sollte es bei den chinesisch-sowjetischen Disputen am Ende doch zu einer militärischen Auseinandersetzung kommen.

Sinkiang ist Rotchinas Entwick-lungs- und Versuchsstation für nukleare Waffen. Dadurch ist die Provinz im Falle eines sowjetischen Angriffs von größter Bedeutung.

Stoß gegen die Mongolei

In dem Bericht aus Sinkiang wird behauptet, daß die Mehrheit der chinesischen Immigranten ausgemusterte Soldaten und intellektuelle Jugendliche seien und auf jeine starke Opposition bei den türkischen Einwohnern stießen. Gruppen von Immigranten seien an verschiedenen

, Orten in den Hinterhalt gelockt und i überfallen worden. Ähnliche Vor-i fälle haben sich jedenfalls zu wiederholten Malen in jenen Teilen der Mongolei ereignet, die außerhalb der . Volksrepublik liegen und von Peking i regiert werden — allgemein Innere Mongolei genannt, wobei die Bezeichnung „innere“ die Nähe zu China bedeutet. Zufolge einer im November letzten

Jahres in der monatlich erscheinen-• den Werbeschrift „China Recon-

- struets“ veröffentlichten Landkarte z ist ein weiter westlicher Abschnitt . der autonomen Region der Inneren , Mongolei den an China angrenzenden Provinzen zugeschlagen worden.

Wie dies schon bei früheren territorialen Veränderungen der Fall war, wird hier das Ziel einer verstärkten j Kontrolle der Chinesen über Mino-. ritäten verfolgt, die mit der UdSSR treu ergebenen Einwohnern der r Mongolei verwandt sind. r Als ein Ergebnis administrativer g Veränderungen haben Chinas Pro-e vinz Kansu und die autonome Region

- Ninghsia Hui nun lange gemeinsame J Grenzen mit der Mongolischen Volksrepublik. n Die einheimische mongolische Be-

\ völkerung der alten Autonomen Region der Inneren Mongolei, die zum Großteil noch als Nomaden in zusammenlegbaren Zelten aus Filz ' oder Tierhäuten lebt, stellt heute nur noch ein Achtel der gesamten Bevölkerung ihres eigenen Territoriums; sieben Achtel sind Chinesen. Das Ziel — wenn nicht bereits das • Ergebnis dieser Politik — besteht n darin, (das Gefühl der nationalen e Identität bei den Mongolen zu vern drängen und Pekings militärische z Kontrolle zu festigen. Peking erware tet von den Chinesen, die unter den ti Uiguren und Mongolen leben, daß

- sie eine Guerilla-Widerstandsbewel. gung auf die Beine stellen, sollte s eines Tages die Sowjetunion Rotit china angreifen.

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