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Wie Antall ausmistet
Ein Jahr vor den Parlamentswahlen in Ungarn ließ Regierungschef Jözsef Antall rechte und linke Quertreiber aus der stärksten Regierungspartei, dem Demokratenforum, ausschließen. Damit wurde der Weg für eine große Koalition mit dem Bund Freier Demokraten, der größten Oppositionspartei, geebnet.
Ein Jahr vor den Parlamentswahlen in Ungarn ließ Regierungschef Jözsef Antall rechte und linke Quertreiber aus der stärksten Regierungspartei, dem Demokratenforum, ausschließen. Damit wurde der Weg für eine große Koalition mit dem Bund Freier Demokraten, der größten Oppositionspartei, geebnet.
Ausgeschlossen aus dem Demokratenforum wurde zunächst einmal Ist-vän Csurka. Der Schriftsteller hatte sich schon seit langem populistisch zum Sprecher der Unterprivilegierten und der Verlierer der Wende gemacht: rechts und ungarisch-national, heißt die Parole, hinter der sich außer einem sturen Nein gegenüber dem Antall-Kurs kein konstruktives Konzept verbirgt. Anfällig für Csurkas Demagogie sind etwa zehn Prozent der Mitglieder des Demokratenforums. Als radikaler Gegenspieler dazu hat sich im Parteivorstand ein linker Flügel profiliert, dem aber außer der leidenschaftlichen Ablehnung alles „Rechten" auch nichts einfällt. Die Zerissenheit hat Antall bisher immer durch eine souveräne Haltung nach Außen und nach Innen beziehungsweise mit der Methode des Unter-den-Teppich-Kehrens zu ent-
schärfen versucht. Auch sein jetziger Schritt wurde in dieser Gesinnung konzipiert; obwohl er der Initiator ist, läßt er nun von seinen Anhängern verbreiten, als Partei- und Regierungschef habe er keinerlei Einfluß auf die Entscheidung der Fraktionsführung. Gleichzeitig hieß es, die Distanzierung von den Radikalen bedeute keineswegs ihren Ausstoß aus der Partei.
Auf die Weise sollen die „Ausgeschlossenen" dazu bewogen werden, auch künftig bei Abstimmungen für die christlich-nationale Koalition zu votieren. Dies könnte sogar bei Csurka und seinen Anhängern der Fall sein. Hinter ihm stehen aber 30 Abgeordnete, von denen etwa die Hälfte an die Gründung einer eigenen Partei denkt. Diese Partei würde dann allerdings jegliche Kooperation mit der liberalen, sozialistischen und jungradikalen Opposition ablehnen - die meisten Regierungsentscheidungen aber mittragen.
Die zwei linksliberalen Abgeordneten haben weitaus andere Vorstellungen. Mit 18 Kollegen erwägen sie die Gründung einer eigenen, vorläufig unabhängigen Fraktion, die den Oppositionsparteien gegenüber aufgeschlossen bleiben will. Dies ist aber von Parteichef Antall bereits einkalkuliert worden. Bei der großen Koalition, die ihm nach den Wahlen im Mai 1994 mit dem liberalen Bund Freier Demokraten vorschwebt, dürften die eigenen Parteilinken schon jetzt als eine Art Brücke fungieren.
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