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Naturphilosophie auf neuen Wegen

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Zu dem Buche: „Philosophie der unbelebten Natur.“ Von Julius Seiler. Verlag O. Walter, Olten, Schweiz. 509 Seiten

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Zu dem Buche: „Philosophie der unbelebten Natur.“ Von Julius Seiler. Verlag O. Walter, Olten, Schweiz. 509 Seiten

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Die glänzenden Erfolge der Naturwissenschaft in den letzten Jahrhunderten brachten es mit sich, daß in weiten Kreisen — insbesondere bei den Naturforschern selbst — übersehen wurde, daß eine zweifache Betrachtungsweise der Natur möglich ist: die der Fachwissenschaft, die sich auf eine breite Erfahrungsgrundlage stützt, und die der „Naturphilosophie, die auch den unvergänglichen Errungenschaften griechischer Weisheit und den Einsichten mittelalterlicher Denker sich verpflichtet fühlt“. Tatsache ist, diaß von seiten der Fachwissenschaft das Daseinsrecht der Naturphilosophie meist bestritten wind. Das Werk Seilers deckt die Hintergründe dieser Entwicklung auf und bedeutet zugleich einen gelungenen Versuch, „auf dem Teilgebiet der unbelebten Natur die philosophische Tradition unter Berücksichtigung der neuzeitlichen Forschungsergebnisse und Fragestellungen weiterzuführen“. Mit dieser Zielsetzung ist zugleich ein Bekenntnis des Verfassers zur Philosophie perennis gegeben. Sosehr die Arbeit Auseinandersetzung mit der Scholastik ist, ist sie nur aus der Scholastik heraus zu verstehen und als Fortführung der scholastischen Naturphilosophie im weiteren Sinne anzusehen.

Mit den Gegnern des Positivismus lehnt Seiler die Auffassung ab, „daß es keine von den Erlebnissen verschiedenen Dinge an sich gäbe oder daß diese in ihrem Ansich oder Sosein für uns schlechthin unzugänglich blieben“. Es wird also ein gesunder kritischer Realismus vertreten. Als die wichtigste Grundlage aller Naturerkenntnis sieht der Verfasser das „keine Ausnahme erleidende Prinzip vom zureichenden Grunde, beziehungsweise das Kausalitätsprinzip“ an, dessen Geltung als eines Seins- und Denikprinzips, das unabhängig von jeder Erfahrung und vor ihr feststeht, in dem von der modernen Physik her aufgeworfenen Kausalitätsproblem meist vollkommen unbeachtet bleibt. Dieses Prinzip wird streng im Sinne der traditionellen Philosophie verstanden, nach der wir von einem Entstehenden immer auf einen Seinsgrund schließen können, wie immer auch das Entstehende aus dem Seinsgrund hervorgegangen sein mag. Seiler weist’ richtig auf die funktionale Betrachtungsweise der neuzeitlichen Physik hin und betont, daß hier ein enger Zusammenhang mit dem philosophischen Problem vorliegt, und daß es ein Irrtum wäre, „wollte man die Kausalität im Sinne des Philosophen und die Betrachtungsweise des Physikers als schlechthin verschieden auffassen“. Das Kausalitätsprinzip ist aber für Seiler auch die Grundlage einer Erkenntnis von „jenseits der Erfahrungsordnung liegenden metaphysischen Wirklichkeiten“, der Erkenntnis von Ursachen und Zwecken, von Werten aller Art, von einem dem Experiment nicht direkt zugänglichen Lebensprinzip und schließlich der Erkenntnis Gottes.

Aber mit nicht geringerem Nachdruck betont Seiler, daß es kein minder verhängnisvoller Irrtum wäre, wollten wir behaupten, daß es eine tiefere Naturerkenntnis jenseits einer exakten fachwissenschaftlichen Untersuchung gebe, daß nur die Philosophie eine Wesenserkenntnis, das heißt Erkenntnis von Dingen in ihrem „Ansich und Sosein“, zu bieten hätte. Auch die Naturwissenschaft führt zu einer solchen Erkenntnis, ihr Bemühen ist ja auf nichts anderes gerichtet als auf das Erhellen der Zusammenhänge von Merkmalen und Phänomenen. Darin hat auch die Scholastik das „Wesen“ gesehen. Auf Grund dieser Überlegungen wird die kategorische Forderung nach einer gründlichen Kenntnis der Naturwissenschaft, und zwar nicht nur ihrer Forschungsergebnisse, sondern auch ihrer Methode erhoben.

Der bedeutungsvolle Versuch Seilers, auf neuen Wegen zu einer tieferen Erkenntnis der Natur vorzudringen und eine wertvolle Synthese philosophischer und naturwissenschaftlicher Methode zu schaffen, gilt auch dem uralten und für die Philosophie so wichtigen Substanzproblem. Der Autor der „Philosophie der unbelebten Natur“ lehnt auf das entschiedenste für das von ihm untersuchte Seinsgebiet den aristotelisch-scholastischen Hylomorphismus ab; er sieht ihn durch die moderne Naturwissenschaft widerlegt. Es muß zugegeben werden, daß Seilers Einwände mit Rücksicht auf viele neuere Darlegungen dieser Lehre zutreffen. Zuwenig werden oft die Ergebnisse der modernen Physik beachtet. Die Meinung aber, daß dieses Problem nur von der Naturwissenschaft gelöst werden sollte, daß nicht die Lösung des metaphysischen Problems, das sich auf den gesamten Seinsbereich bezieht, vor der Lösung durch die Naturwissenschaft den Vorrang haben sollte, muß nicht unbedingt vertreten werden. Es will scheinen, daß bei Seiler, wie so vielfach in der modernen Philosophie, der metaphysische Substanzbegriff durch den naturwissenschaftlichen ersetzt wird. Dieser Substanzbegriff ist aber durch die moderne Naturwissenschaft aufgehoben worden, an seine Stelle ist der Gesetzesbegriff getreten. Ünter rein naturwissenschaftlichem Aspekt könnte man eher die vollkommene Leugnung von Substanzen verstehen, wie es von seiten des Neukantianismus geschehen ist. Die Unvereinbarkeit des aristotelisch-scholastischen Substanzbegriffes mit Ergebnissen der Physik ist keineswegs erwiesen. Im Gegenteil! Nur müssen wir — und das vermissen wir bei Seiler — den Modellcharakter der verschiedenen, die Naturgegebenheiten darstellenden mathematischen Formalismen (Wellenmechanik, Matrizenrechnung, statistische Atomtheorie) mehr berücksichtigen. Aus dieser Auffassung ergeben sich auch starke Bedenken gegen eine Erneuerung des Energismus. Der Verfasser kennt die möglichen Einwände und versucht sie zu entkräften: „In den mathematischen Formulierungen erscheint die Energie meist als Funktion.“ Und er erwidert: „Außerdem als skalare Größe, für die ein Erhaltungsgesetz güt.“ Dazu ist zu sagen, daß wenigstens.

Das Erbe eines großen Herzens. Studien zum franziskanischen Ideal. Von L. Casutt OFM. Cap. Verlag A. Pustet, Graz—Salzburg—Wien 1949.

Seit der Professor der protestantischen Theologie Karl Hase Franz von Assisi „entdeckte“ und der Kunsthistoriker Henry Thode ihn dem schöngeistigen Publikum der Jahrhundertwende schmackhaft zu machen verstand, schien endlich das „missing link“ in der Ahnemreihe des deutschen Spießers gefunden: ein Apostel freireligiöser Humanität und gefühlsseliger Naturschwärmer mit sozialen Tendenzen mitten im „finsteren Mittelalter“ und neben den rauchenden Scheiterhaufen. Aber auch auf katholischer Seite hat man mitgeholfen, dem Poverello die äußere Harmlosigkeit und innere Homogenität jener bekannten Gipsstatuen zu verleihen. Nichts mehr von dem Heiligen, den zwischen zwei Zeiten und zwei Standesidealen, zwischen Hierarchie und Häresie die heroische Kraft seiner Liebe stark genug machte, die ganze aus den Fugen geratene Welt in diese Liebe hineinzunehmen; dienender Bruder jeder Kreatur, auch der niedrigsten: des gefallenen Menschen — aber zugleich der Erfinder des Wortes vom „Kadavergehorsam“. Nichts mehr von dem aufs höchste geladenen Spannungsfeld Franziskus, sondern nur mehr, kleine Münze für kleine Geister, die keine Ahnung von seinem Wesen hatten. Das Buch von Casutt kann diese Ahnung dem Laien vermitteln, und das ist sehr viel. Daß der Stoff nur angedeutet, nicht erschöpft werden konnte, liegt im Wesen der Sache. Aber der Leser merkt, daß diese franziskanische Einfachheit nicht Dürftigkeit ist, sondern höchste Fülle, und er gewahrt staunend eine Form des Heroismus, die von dem „Einsatz“ des Menschen unserer Tage nicht nur verschieden ist durch seine Geräuschlosigkeit. Manches ist freilich weggeblieben, vielleicht, um nicht durch eine Historisierung diesen Eindruck abzuschwächen. Kann man den Heiligen schildern, ohne auf die religiöse und soziale Laienbewegung in Italien Bezug zu nehmen, oder auf das „geistliche Rittertum“ vor ihm? Auch die neue Art der Religiosität (Seite 78) gab es schon vor Franziskus; daß er eine Gemeinschaft ohne ein Teil der Physiker (zum Beispiel Edding- ton) den Erhaltungssatz als eine Konvention auffaßt. Für den Neukantianer Cassirer geht ein Gesetz nur darum aus der Messung hervor, weil es in hypothetischer Form in die Messung hineingelegt wurde. Auch Einstein hat sich bezüglich der Umwandlung von Masse in Energie so ausgedrückt: „Die Masse eines Körpers ist ein Maß (von uns gesperrt) für dessen Energieeinhalt.“ Überall können wir als Physiker bei Energieumwandlungen nur von einer Äquivalenz sprechen. Auch Schlick hat den Substanzcharakter der Energie abgelehnt mit der Bemerkung, daß durch die Deutung der Energetik, es handle sich bei den Naturvorgängen „um die quantitative Unveränderlich eit einer mit sich identisch bleibenden Substanz“, eine metaphysische Auslegung gegeben werde, „die über den bloßen Inhalt des physkalischcn Satzes hinausgeht“. Wenn wir auch die metaphysikfeindliche Haltung des Neopositivismus ablehnen, so erhellt aus seinen Einwänden doch soviel, daß durch die Physik der Energismus als Lösung des Substanzproblems nicht mehr gestützt wird als der Hylomorphismus. Auch die traditionelle Naturphilosophie wird bei Erklärung der materiellen Substanzen als Zusammenwirken von Stoff und Form auf den physikalischen Erhaltungssatz Rücksicht nehmen müssen; in dem Sinne, daß bei Substanzumwandlungen, die dann durch Aktualisierung eines potentiell vorhandenen Seins verstanden werden, eine Gesetzmäßigkeit beachtet wird, durch die gewisse physikalische Größen konstant bleiben.

Die hier geäußerten kritischen Einwände wollen in keiner Weise als eine Einschränkung des Beifalls und auch des Denkens angesehen werden, den wir dem Verfasser für seine hervorragende Leistung zollen. Das Werk schließt mit einem kurzen Abriß des modernen astronomischen Weltbildes. Hier wie in seinen Untersuchungen sonst kommt Seiler zu dem Ergebnis, daß „das Konvergieren aller Linien auf den Schöpfer keinem Unvoreingenommenen entgehen“ kann.

Vorgesetzten begründen wollte, ist etwas allzu modern psychologisch mit der Abneigung gegen den Vater erklärt (Seite 138), läßt sich aber auch aus dem genossenschaftlichen Moment im städtischen Bürgertum und dessen Protest gegen die feudale Hierarchie ableiten. Doch dies kann dem eigentlichen Wert des Buches keinen Abbruch tun. Möge es am Beginn einer neuen, würdigeren Form der Franziskusliteratur für den „gebildeten Laien“ stehen!

Wirtschaftspolitik. Von Dr. W. Heinrich. I. Band. Verlag A. Sexl, Wien. XVIII und 560 Seiten, broschiert S 42.

Ohne auf die überkommenen Begriffe und Lehrmeinungen allzuviel Rücksicht zu nehmen, begründet Professor Heinrich von der Hochschule für Welthandel mit seinem neuesten Werk eine völlig neue Systematik der Wirtschaftspolitik, die in engster Verbindung mit der ökonomischen Wirklichkeit steht, ohne in die Niederungen tagespolitischer Kasuistik herabzusteigen. Die Fülle der vorgenommenen Ein- zeluntersuehungen wird zusammenfassend bearbeitet. Derart entsteht geradezu ein Katalog der wirtschaftspolitisch möglichen Maßnahmen. Nach einer umfassenden und jeden wirtschaftlich wie historisch interessierten Leser anregenden Darstellung der Geschichte der Wirtschaftspolitik und der wirtschaftspolitischen Lehrmeinungen werden die sogenannten „Schlüsselbegriffe“ entwickelt, mit deren Hilfe der Verfasser eine neue Systematik konstituieren will. Ziel aller Wirtschaftspolitik soll nach Heinrich die Vermehrung des Sozialprodukts sein, der Wirtschaftsausbau und die Organisation der Entfaltung aller schöpferischen Kräfte und nicht etwa die Erfüllung eines am grünen Tisch konzipierten Wirtschaftsprogramms. Hier, in der Blickrichtung des Werkes, Erzielung eines wirtschaftlichen Ertragsoptimums mittels einer richtigen Wirtschaftspolitik, liegt die entscheidende Bedeutung der vom Verfasser vertretenen Methode, welche eine Verbindung von Theorie und Praxis herzustellen versucht, um so die Lehre von der Wirtschaft unmittelbar in der Alltäglichkeit des wirtschaftlichen Geschehens zur Anwendung zu bringen. Die weiteren Teile des Buches beschäftigen sich mit der Anwendung der „Schlüsselbegriffe“ auf die ökonomische Praxis, ausgehend von dem Grundsatz, daß jede Wirtschaftspolitik nicht um ihrer selbst willen da ist, sondern die wesensgemäße Selbstverwaltung der einzelnen Gebilde des Wirtschaftskörpers fördern und die Arbeit jeweils auf jener Wirtschaftsstufe verrichten lassen soll, auf welcher der höchste Arbeitseffekt erreichbar ist. Daher auch die Forderung des Autors nach Auflockerung der Bürokratie und nach Dezentralisierung der Verwaltung. Durch die Vielfalt der gebotenen Anregungen ist das Buch ein Nachschlagewerk sowohl für den Praktiker wie für den Theoretiker. Ein umfassender Anmerkungsapparat bildet eine willkommene Ergänzung und gibt dem Leser die Möglichkeit, an Hand der reichlich angegebenen Literatur einzelne Fragen einer besonderen Untersuchung zu unterziehen.

Statistische Vierteljahresschrift. Herausgegeben von Prof. Dr. W. Winkler. Manzsche Verlags- und Universitätsbuchhandlung, Wien.

Kürzlich ist das erste Heft des zweiten Bandes der Statistischen Vierteljahresschrift erschienen. Die Zeitschrift hat sich in der kurzen Zeit ihres Bestandes zu einer wertvollen statistischen Veröffentlichung entwickelt. Ausgezeichnete Aufsätze und Buchbesprechungen bringen dem Leser die große Bedeutung der modernen Statistik für den Staat und die Wirtschaft nahe. Die Zeitschrift gibt auch Kunde von der statistischen Forschung des Auslandes sowie von den Arbeiten statistischer Kongresse und macht den Leser bekannt mit den neuesten Erscheinungen der statistischen Literatur. Der Herausgeber der Zeitschrift hat das in seinem Geleitwort zum ersten Band gegebene Versprechen gehalten, „eine Vorstellung von dem zu geben, was moderne Statistik ist“. Seine Bemühungen, Interesse und Verständnis für die wissenschaftliche Statistik zu wecken, sind beispielgebend und sollten insbesondere den wissenschaftlichen Nachwuchs aneifern, mitzuarbeiten, um die Statistik in Österreich zur Blüte zu bringen.

österreichische Zeitschrift für Volkskunde.

Neue Serie, 2. Band (Gesamtserie 51 Bände), Heft 3/4. österreichischer Bundesverlag, Wien.

Das Heft weist zwei große und einige kleinere Beiträge auf samt einer ausführlichen Besprechung der neuesten Fachliteratur. Werner Lynge gibt den ersten großen Beitrag: „Die Grundlagen des Sommer- und Winter-Streitspiels“. Er geht mit eingehender Literaturkenntnis diesem in verschiedenen Formen weitverbreiteten Spiel nach. Obwohl er auf die verschiedensten Deutungen dieses Spiels, die sich teilweise im Völkerkundlichen und Mythologischen verlieren, eirfgeht, behält er ein gesundes Urteil und sieht in diesem Spiel Volksdichtung aus der Spielfreudigkeit der letzten Jahrhunderte. Der zweite größere Beitrag „Die Steiermark in der Volksschauspiellandschaft Innerösterreichs“ von Leopold Kretzenbacher gibt, unterstützt durch eine Kartenskizze, einen Überblick über die Orte, in denen die verbreitetsten und typischen Volksschauspiele Heimat haben und hatten. Auch dieser Beitrag ist stark literarhistorisch und hat daher seinen Wert. Leopold Schmid gibt noch einen kleineren Beitrag „Zum Stoff des Steyrer Dominikanerspiels von 1628“, sowie Anton Dorrer „Totentanz und Dominikanerspiel“. Daß unsere wissenschaftliche Volkskunde sich so stark als ein Zweig der Geschichtswissenschaft und Literaturgeschichte zeigt, ist ein Zeichen dafür, wie sehr sie sich mit bereits Vergangenem beschäftigen muß. Die Volksbildung wird aus den Ergebnissen dieser Forschung lernen und einen Weg in die Zukunft finden müssen.

Josef Kainz. Mensch unter Masken. Von E. Kober. P.-Neff-Verlag, Wien.

Der durch seine theatergeschichtlichen Veröffentlichungen bekannte Verlag bringt nun eine Biographie jenes Schauspielers heraus, dessen Name Symbol und Symptom, Leitstern und Vorbild einer Epoche war. Josef Kainz erhält in Erich Kober, der seine Kindheit im Hause Kainzens erleben durfte, einen liebevollen Begleiter, der im Rückblick einer sehr pietätvollen Erinnerung den Lebensweg des großen Künstlers von der Wiege bis zur Bahre verfolgt. Der Untertitel „Mensch unter Masken“ will diese biographische Position des Verfassers noch unterstreichen. Bin gewissenhaft gearbeitetes sauberes Buch, ohne Effekthascherei, ohne „Sensationen“. Als solches wird es von vielen Freunden des Theaters, zumal jenen einer älteren Generation, gern gelesen werden. — Schade, daß die seelischen und geistesgeschichtlichen Hintergründe des Phänomens Kainz — Kainz als Freund Ludwigs II. von Bayern als Idol von Berlin und Wien — nicht sichtbar werden, daß die Problematik seiner Natur kaum angedeutet wird und deshalb auch nicht erhellt werden kann. Der Vergleich Kainzens mit Dürer ist völlig uneben, so schief wie jener Reinhardts mit dem Barock…. Die theatralische Atmosphäre des Wilhelmiinums, des Fin du siicle erträgt keine derartigen überbefrachteten Vergleiche, sie bedarf aber dringend einer neuen Durchlichtung: große, dankenswerte Aufgabe gerade auch für die theatergeschichtliche Forschung. Die FülLe von Monographien, die in letzter Zeit zu diesem Thema ersdiienen sind, ruft dringend nach dieser Arbeit, die erst den Boden aufzuzeigen hat, auf dem sie alle tanzen — Marionetten eines ungeheuerlichen weltgeschichtlichen Spieles: Kainz, Reinhardt…

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