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Was ist Wahrheit?

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Wenn es richtig ist, daß die Suche nach Wahrheit zu den existentiellen Bedürfnissen des Menschen zählt — wenn nur der voller Mensch ist, der sich um die Erkenntnis der Wahrheit bemüht —, dann kann es kein zeitloseres und gleichzeitig aktuelleres Thema geben als eben die Frage nach der Wahrheit. Vielleicht ist es als Bestätigung dieser These, daß nämlich die Menschennatur auf die Wahrheitsfindung-ausgerrchtet išt, ‘zir Werten; die heurigen Salzbttrgef Htiėhsčhul- wochen mit fast 1200 Teilnehmern den bisher größten Zuspruch in ihrer mehr als 30jährigen Geschichte fanden. Diese Hochschulwochen standen unter dem Leitthema: „Die Wahrheit in der philosophischen und theologischen Aussage unserer Zeit“.

Die Grundlegung erfolgte durch Professor DDr. L a u t h (München) mit einem tiefschürfenden Referat über „Die philosophische und religiöse Aussage der Wahrheit“: Charakteristisch für die Philosophie ist, daß sie auf Erkenntnis des Ganzen der Wirklichkeit aus Prinzipien ausgeht. Die Resultate aller Teildisziplinen erhalten ihre endgültige Bedeutung nur durch ihre Stellung im Ganzen. Keine Teildisziplin, geschweige denn eine ihr entsprechende Einzelwissenschaft kann für sich allein den Bedeutungsgehalt ihrer Ergebnisse ermessen. Nur das Vergessen der jeweiligen methodischen und sachlichen Abstraktion, durch die sich Einzeldisziplinen und -Wissenschaften begründet haben, führt zu der heute gebräuchlichen, beschämend primitiven Deklaration sogenannter wissenschaftlicher Ergebnisse zu weltanschaulich relevanten Wahrheiten. Aber auch die Philosophie, die zwar nach dem Ganzen der Wirklichkeit strebt, ist einer doppelten Einschränkung unterworfen: insofern sie nur Erkenntnis sein will, darf sie sich nicht mit dem ganzen Leben identifizieren: ferner beruht sie auf Erkenntnis aus Prinzipien, muß also dieser Abstraktion eingedenk bleiben, denn die Prinzipien sind nicht die wahre Wirklichkeit. Ist die Philosophie aber nicht Leben, dann kann sie auch keine Ausschließlichkeit beanspruchen; sie verweist vielmehr selbst über sich hinaus, zum Beispiel auf eine höchste konkrete Erkenntnis und Wirklichkeit, deren Prinzipien sie erfassen und entkamt. Di®s ist dann die Position der religiösen Aussage; handelt es sich um eine personale Selbstaussage Gottes, dann nennen wir dies „Offenbarung".

Die Einführung von Professor DDr. Lauth bildete bei den heurigen Salzburger Hochschulwochen die notwendige Grundlegung. Zweifellos kann über sie nicht Besseres gesagt werden, als daß sie dem Thema adäquat war. Anschließend hatten eine Woche hauptsächlich die Philosophen und dann wieder eine Woche vor allem die Theologen das Wort.

Die Wahrheitsaussage der Philosophie

Den Faden der philosophischen Überlegungen nahm Prof. Dr. Hermann K r i n g s (Saarbrücken) in seiner Hauptvorlesung über das Thema „Ist die Metaphysik zu Ende?“ auf. In geistvoller Weise entwarf er einen fiktiven Sokrates-Dialog, wie ihn uns Alkibia- des überliefert haben könnte, um zu beweisen, daß eine direkte Antwort auf die Frage nach dem Ende der Metaphysik gar nicht möglich ist: Um Metaphysik zu verstehen und zu kritisieren, muß man selbst wieder Metaphysik treiben; denn diese enthält ja das Ganze des Wissens; sie ist — nach Prof. Krings — das absolute Wissen, das im Durchgang der seienden Gegenstände auf den Grund hin gewonnen wird.

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