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Demokratie am Sambesi

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Der Sambesi teilt die als Rhodesien bekannten britischen Besitzungen nördlich des Wendekreises in zwei verschieden große Teile. Ungleich, wie ihre flächenmäßige Ausdehnung und entsprechend, obzwar im ganzen geringe Bevölkerungsdichte, ist auch ihr politisches Schicksal. In dem unter britischer Protektoratsverwaltung stehenden Nordrhodesien haben nun am 30. Oktober die ersten Wahlen unter zahlenmäßig stärkerer Beteiligung der Afrikaner stattgefunden. In Südrhodesien, das seit 1923 „Halbdominion“, das heißt Kolonie mit innerer Selbstregierung ist, stehen Wahlen am 14. Dezember bevor.

Die schrittweise Entkolonisierung der heute noch unter britischer Oberhoheit stehenden afrikanischen Länder bildet für Großbritannien ein dornenvolles Problem, das durch die Gegenwart einer beträchtlichen Anzahl von weißen Siedlern gekennzeichnet ist. In Nordrhodesien sind es, unter einer auf das Gebiet von rund 750.000 Quadratkilometern -verstreuten Bevölkerung von wenig mehr als zwei Millionen, 74.000, in Südrhodesien, das nur 390.000 Quadratkilometer umfaßt, fast eine Viertelmillion bei einer Gesamtbevölkerung von 2,7 Millionen. Doch bildet eben der Norden, wirtschaftlich als drittgrößter Kupferproduzent der Welt ebenso wie durch seine Lage zwischen dem schon entkolonisierten Tanganjika und Njassaland, in dem die afrikanische innere Selbstregierung schon weitgehend verwirklicht ist, wie zwischen dem umstrittenen Katanga und den portugiesischen „Überseeprovinzen“ einen besonders heiklen Punkt.

Die Dinge waren im Herbst 1958 in Fluß gekommen; fünf Jahre nach der provisorischen Schaffung der „Zentralafrikanischen Föderation“, die beide Rhodesien mit Njassaland zu einem Bundesstaat vereinigen sollte, in dessen Verfassung die „Partnerschaft der Rassen“ verankert worden war. Die wider Willen der afrikanischen Nationalisten entstandene Föderation war von diesen zunehmend bekämpft worden. Der Zusammenschluß derselben mit den im heute bereits zum Teil zur Souveränität gelangten Britisch-Ostafrika tätigen Bewegungen 2ur „Panafrikanischen Freiheitsbewegung von Ost- und Zentralafrika“ (PAFMECA) bildete den Auftakt zu einem erfolgreichen Boykott der Bundeswahlen, an denen nach den damals geltenden Qualifikationen neben den europäischen 20.000 bis 30.000 afrikanische Wähler teilnehmen hätten können, während keine 700, davon 628 in Südrhodesien, tatsächlich an den Wahlen teilnahmen. Dies bahnte eine Radikalisierung in beiden Lagern, dem weißen wie dem schwarzen, an die im Zeichen immer wieder auflebender Unruhen lokaler Art, unter dem Vorwand eines angeblichen „Komplotts zur Ermordung aller Weißen“ ergriffenen Polizeimaßnahmen in Südrhodesien und Njassaland, Unter-suchungs- und Reformkommissionen, Skandalen im britischen Unterhaus und viel zwielichtiger Kulissenpolitik schließlich Verfassungsreformen erbrachte. In Njassaland. war dies bei einer Minderheit von nur 8000 Siedlern noch verhältnismäßig einfach.

Nun ist Nordrhodesien an der Reihe. Hier spaltete sich 195 8 vom bishin einheitlichen „afrikanischen Nationalkongreß“ ein radikaler Flügel, „Zambia“, ab, aus dessen Reihen sich später, nach dessen Verbot, die „United National Independence Party“ (UNIP — Vereinigte Nationale Unabhängigkeitspartei) unter dem vormaligen presbyterianischen Vikar Ken-neth Kaunda formte. Immerhin nahmen an den nordrhodesischen Landtagswahlen im März 1959 nahezu 800C Afrikaner teil. Für die regierende Partei Sir Roy Welenskys stimmten aber nur 400 von ihnen, da der Nationalkongreß (ANC), der als gewählte Vertreter der Afrikaner nur drei von den dreißig damaligen Landtagssitzungen zu erringen hatte, die Parole ausgab, möglichst für liberale Weiße und eher selbst für die segregationistische Dominion-Partei zu stimmen, die so zahlreiche Negerstimmen erhielt. Aber die „Vereinigte Föderalistische Partei“ (UFP) Welenskys verfehlte darum eine ausreichende Mehrheit.

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