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Endlich einer, der den rechten Weg kennt?

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Sie nennen sich „Bewegung”. An und für sich ein Ausdruck, um das Neue anzugehen. Auch ein Ausdruck, nicht die Herrschaft der Institutionen zu suchen. Ausdruck des Neuen ist für Jörg Haider der Weg in die Dritte Bepublik. Sie soll durch einen starken Bundespräsidenten gekennzeichnet sein und will auf einen Bundeskanzler verzichten.

Wenn hier wohl von Jörg Haider die Bede ist, dann, weil er der Beweger der Freiheitlichen ist. Ohne ihn wären sie auch heute eine Fünf-Prozent-Partei. Staatsverkrustung durch politischen Filz und Privilegien hat er

zum Angriffspunkt gewählt. Mit Erfolg. Aber es sind auch Arbeitslosigkeit und Konkurrenzdruck in Beruf und genereller Perspektive, die ihm Wähler zuführen. Sein Angebot heißt Ordnungswille in der modernen, orientierungsarmen Zeit. In seinem Erfolg kommt das Bedürfnis vieler Menschen nach Autorität und Eingriff in eine Mentalität der Gestaltungsarmut zum Ausdruck.

Andere sehen in Haider jedoch die Heraufkunft des Autoritären. Tatsächlich scheint er die Bundespräsidentenrolle in einer Dritten Bepublik auf sich zugeschnitten zu haben, als Volkstribun sieht er Wahlchancen. Auch seine Ansprüche machen sein

Demokratieverständnis fragwürdig. Im Wahlkampf, wünschte er einem Kritiker den Arbeitsdienst und angeblich hat er in den USA von Österreich als letztem stalinistischem Land gesprochen, in dem keine Meinungsfreiheit herrsche. Er bestreitet das. Wie immer; daß man glauben kann, er habe es gesagt, ist das Problem seiner Vertrauenswürdigkeit. EU-Feindlichkeit und Österreich den Österreichern geben manchen Wählern allerdings das Gefühl, Heimat zu finden. Das hat Vorteile für ein österreichisches Wesen, das zunehmend von Selbstzweifeln geprägt ist. Die Frage ist, ob das das richtige Bezept ist, angesichts überall aufkeimender Nationalismen.

Jörg Haider kontrolliert seine Partei. Sie ist ein Sammelbecken von Leuten mit Standpunkten, aber auch modisch schicken Jungen. Kritik an Haider ist undenkbar. Wie in anderen Organisationen mit Leadership sind manche Funktionäre nicht davor gefeit, nur Haiders Marionetten zu* sein. Aber der Wähler bekommt im Wahlkampf sowieso nur fünf Gesichter zu sehen. Für die Zukunft der F wird entscheidend sein, was Jörg Haider will. Solange sich die Regierung mit Flickschusterei beim Budget und anderen Materien begnügt, wird er behaupten können, den rechten Weg zu kennen.

Für den Wähler sollten jedoch nicht nur Autoritätsanspruch und Staatsverständnis der Freiheitlichen entscheidend sein. Sie müssen auch die Fragen beantworten, wo Werte wie Lebensfreude und Weltgehören - Österreich soll der Welt gehören und sich in ihr manifestieren - in Politik und Leben verankert sind, wo Leistungswille nicht nur Anpassung, sondern auch Freisinn bedeutet, wo die Garantie ist, daß Leistungskürzungen und Subventionsstreichungen nicht den sozial Schwachen ihre Integrationsfähigkeit nehmen. Einheitliches Wertgefüge und Pluralismus müssen sich nicht ausschließen, aber daß die Ordnung der einen das Tolerieren der anderen einschließt, ist der Prüfstand auf dem Jörg Haider steht.

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