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Grobe Summen im Gefecht

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In den letzten 27 Monaten vor der Wahl im Oktober 1959 gaben die Arbeiterpartei für Plakate, Anzeigen usw. über 7 Millionen Schilling, die Konservativen dagegen knapp 33 Millionen Schilling aus; Wirtschaftskreise, welche gegen Verstaatlichungstendenzen eine massive Anzeigenkampagne aufrechthielten und damit in dieser die konservative Partei unterstützten, spendeten dafür mehr als 100 Millionen Schilling. Bei der kommenden Parlamentswahl wird den Parteien die Beeinflussung der Wähler noch mehr kosten. Von Mai 1963 bis April 1964 wendeten die Labour Party rund 14 Millionen Schilling, die konservative Partei 33 Millionen Schilling und die Antiverstaat-lichungsgruppe schätzungsweise etwa 50 Millionen Schilling auf. In den fünf Monaten von April bis August 1964 planen die Labour Party einen weiteren Werbeaufwand von rund 6 Millionen Schilling, die Tories von rund 31 Millionen Schilling und die Privatwirtschaft von rund 54 Millionen Schilling.

Von der Konsumfront wissen wir, daß sich Werbekosten letztlich bezahlt machen. Trotz des gegenwärtigen Vorsprumges der Sozialisten in den verschiedenen Meinungstests stimmt die Verteilung der wahlstrategischen Werbekosten zwischen den beiden Großparteien doch nachdenklich, da fast 90 Prozent davon zugunsten der Tories aufgewendet werden. Aber es mag sein, daß all diese Millionen Schilling sich im Oktober als verlorene Liebesmüh entpuppen werden.

Der hartnäckige Popularitätsvor-sprung der Sozialisten ließ in jüngster Zeit abermals Gerüchte über einen Führungswechsel in der konservativen Partei nach einer etwaigen Wahlniederlage aufkommen. Wenngleich es Sir Alec Douglas-Harne trotz der seltsamen Art, in der er Premierminister geworden ist, in erstaunlich kurzer Zeit gelang, die Mehrheit der Partei von seiner Fähigkeit zu überzeugen, wird es für ihn immer schwieriger, solche Anhänger zu finden, die ihn auch für einen wirkungsvollen Oppositionsführer halten. Dabei hat Sir Alec in den letzten Monaten in der Öffentlichkeit ein solches Maß von Selbstvertrauen gezeigt, daß die innenpolitischen Kommentatoren es als ziemlich sicher annehmen, er würde nicht von sich aus seinen Abschied nehmen. Dieses vollständige Selbstvertrauen verfehlte freilich bis jetzt seine Wirkung auf die unentschiedenen Wähler. Dieser Mangel würde nach einer etwaigen Wahlkatastrophe sogar noch fühlbarer werden, da es zu den wichtigsten Fähigkeiten eines Oppositionsführers gehört, einen nachhaltigen Einfluß auf diese Gruppe der unentschiedenen Wähler auszuüben. Die gegenwärtigen Machtverhältnisse in der konservativen Partei dürften dann daher kaum noch lange andauern.

Der innere Zirkel der Partei setzt sich gegenwärtig aus Sir Alec, Mr. Selwyn Lloyd, Lord Blakenham (Parteivorsitzender) und dem „Chefeinpeitscher“ Martin Redwayne zusammen. Die Repräsentanten einflußreicher Gruppen, wie Außenminister Butler und Schatzkanzler Maudling sind jetzt mehr oder weniger ebenso wie die beiden anderen Kabinettsmitglieder Sir Keith Joseph und Sir Edward Boyle eher am äußeren Rand des Entscheidungszentrums. Die früheren Minister Macleod und Powell befinden sich derzeit in einer innerparteilichen Opposition, Obwohl erst wenige Monate seit den dramatischen Tagen vergangen sind, die die Nachfolge Macmillans entschieden, gibt es in der konservativen Partei keinen offenkundigen Kandidaten als allfälligen Oppositionsführer gegen eine sozialistische Regierung unter Harold Wilson. Die einflußreiche Wochenzeitung „Economist“ hält zwar an ihrer Ansicht fest, daß Ian Macleod der beste Mann wäre,, durch ein radikales Uberholen der Parteidoktrin der Tories wieder eine Anziehungskraft auf die nächsten Generationen von Wählern auszuüben, fügt aber selbst hinzu, daß er einer der unwahrscheinlichsten Nachfolger ist. Da Dr. Maudling in den letzten Monaten einen Teil seiner Anhängerschaft verloren hat, blieben von den bekannteren Politikern nur Mr. Hogg und Mr. Heath als mögliche Kandidaten übrig. Wer immer es auch werden würde, gegen die Virtuosität Wilsons sollte er keinen leichten Stand haben.

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