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Und die NATO?

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Doch das Hindernis der NATO-Mitgliedschaft besteht immer noch, und die Fraktion der Volkssozialisten ist in dieser Frage konsequent: Keine weitere Zusammenarbeit mit den USA! Axel Larsen war geneigt, auch in dieser Frage nachzugeben: Die NATO verliere laufend an Bedeutung, sagte er, und wer wisse schon, ob sie in zwei Jahren noch bestehen werde! Doch die NATO-Gegner blieben unnachgiebig. Krag aber konnte aus seiner NATO-Haut nicht heraus!

In dieser Situation fand man die Lösung in der Bildung eines Koordinationsausschusses beider Parteien, der auf die gesetzgeberische Arbeit der Regierung entscheidenden Einfluß ausüben soll. Beide sozialistische Parteien haben in diesem Ausschuß je drei Vertreter, die künftighin eine Art von grauem Kabinett oder Schattenkabinett bilden werden. Es handelt sich hier keineswegs um eine Geheimdiiplomatie, sondern um ein klares und der Öffentlichkeit erläutertes Abkommen. Jens Otto Krag und Axel Larsen gingen dabei so weit, sich in einer gemeinsamen Pressekonferenz — der ersten, die jemals in Dänemark abgehalten worden ist! — der Öffentlichkeit zu stellen. Die wichtigsten Aufgaben des neuen sozialistischen Blocks sind folgende:

• Schon am 3. Juli dieses Jahres wird eine Mehrwertsteuer von zehn Prozent auf, praktisch genommen, alle Waren und Dienstleistungen eingeführt.

• Am 1. Jänner 1968 fallen bei der Steuerbemessung die Abzugsrechte für erlegte Staats- und Kommunalsteuern fort.

• Am 1. Jänner 1969 wird die Besteuerung an der Quelle eingeführt.

• Träger minderer Einkommen sollen für die Mehrbelastung durch die Mehrwertsteuer über einen staatlichen Fonds kompensiert werden.

• Der Bodenspekulation sollen enge Grenzen gesetzt und Kapitalgewinne sollen hart besteuert werden.

• Einem staatlichen Wohnungsfonds sollen dieses Jahr 100 Millionen Kronen zugeführt werden, nächstes Jahr soll er über 400 Millionen Kronen und übernächstes Jahr über 500 Millionen Kronen verfügen. Die Mittel sollen zu Mietzinsheraibsetzungen für Famiiliengründer und Bedürftige im allgemeinen verwendet werden.

Sowohl die Arbeiterpartei als auch die Sozialistische Volkspartei bezeichnen diese Maßnahmen als den Durchbruch zu einer sozial gerechten Besteuerung, für die man seit Jahrzehnten gekämpft habe. Jens Otto Krag erklärte, daß er bis in die letzten Tage hinein versucht habe, die bürgerlichen Parteien für eine Zusammenarbeit zu gewinnen und daß man sich dabei sehr nahegekommen sei, der entscheidende Erfolg aber sei nicht erreichbar gewesen. Auch Axel Larsen sprach sich für eine Zusammenarbeit mit der bürgerlichen Mitte aus, drückte allerdings gleichzeitig auf die Bedeutung der sozialistischen Mehrheit im Parlament.

Tatsache ist, daß die Sozialdemokraten bis in die letzten Tage hinein — zuletzt in einer regelrechten Klausur in einem streng abgeriegelten Luxushotel Seelands — mit den Liberalen und den Konservativen über eine Zusammenarbeit in der Regierung oder zumindest im Parlament verhandelt hatten. Der Unwille, mit den Volkssozialisten in eine Front gestellt zu werden, dürfte der Hauptgrund für die schließliche bürgerliche Ablehnung gewesen sein. Dabei ist es wahrscheinlich, daß auch zahlreiche bürgerliche Abgeordnete für einige der als notwendig angesehenen Steuergesetze stimmen werden. Die immerwährende Uneinigkeit im bürgerlichen Lager hat das parlamentarische Gewicht der VolkssoziiaLiiatien noch in einem erheblichen Maß erhöht.

Jenseits aller offiziellen Erklärungen und freundlichen Worte steht jedoch die Tatsache, daß sich die Sozialdemokratie in einem schweren Abwehrkampf gegen die neuen linkssozialietischen Strömungen befindet. Wird sich diie Bildung eines Linksblockes und eines sozialistischen Schattenkabinetts dabei als eine wirksame Waffe erweisen?

Nicht übersehen kann auch werden, daß — trotz aller hintergründigen Spekulationen und taktischen Winkelzüge — es nun zum erstenmal zur Bildung einer Art von Einheitsfront zwischen Sozialdemokraten und einer Partei gekommen ist, die vor nicht allzu langer Zeit noch als Tarnorganisation der Kommunisten bezeichnet worden war. Hat man sich in seiner Beurteilung der „Neuen Linken“ jahrelang geirrt? Ist diese Linke selbst bürgerlicher, regierungsfähiger geworden? Gewisse Erscheinungen in Dänemark und auch in Finnland könnten dazu veranlassen, auf alle diese Fragen mit Ja zu antworten!

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