6779921-1969_38_13.jpg
Digital In Arbeit

„Zur stillen Selbstfeier..

Werbung
Werbung
Werbung

TAGE- UND WANDERBÜCHER 1953 bis 1960. Von Karl Kerenyi. Verlag Albert Langen, Georg Müller, München-Wien. 463 Seiten. DM 36.—.

Der Umgang mit der griechischen Antike prägt oft einen eigenen, unverkennbaren Menschentyp. Maturazeitungen witzeln bisweilen darüber. Dennoch bleibt dem Außenstehenden der Eindruck, daß es etwas ganz Großes dst, welches Menschen von hoher Geistigkeit so zu erfassen, zu fesseln und zu durchdringen vermag. Von den Möglichkeiten männlicher Zeitflucht ist es sicher eine der elegantesten. Wobei Karl Kerenyi nicht unrecht hat, wenn er vermerkt: „Das Zeitgemäße verstehe ich in dem Sinne, daß in jedem Zeitpunkt auch etwas Unzeitgemäßes — etwas ganz Bestimmtes, das sich der Zeit entgegensetzt — zeitgemäß sein bann.” Hellenozentrik also als eine aktuelle Form des Protests. Consedat!

„Das Individuelle, Persönliche und Intime öffentlich zu sagen, das Geheime, ohne Verrat daran zu üben, zu verraten, ist eine widerspruchsvolle Aufgabe für Dichter. Dem humanistischen Forscher werden fortwährend ähnliche Aufgaben gestellt — Das Intime eines Gelehrtenlebens, die Geheimnisse seiner Wissenschaft, das — ungeachtet der Veröffentlichung — nie ganz übertragbare Individuelle und Persönliche weiteraugeben, darf auch sein Ehrgeiz sein.” Im Duktus solcher Sätze liegt Kerenyis Programm Spätestens seit Ernst Jüngers Tagebüchern empfindet die jüngere Generation freilich gegenüber der Subjektivität solcher Äußerungen eine gewisse Skepsis. Es wäre jedoch gefährlich, das Recht auf innere Emigration abzulehnen, weil niemand, der wachen Geistes durch unsere Zeit geht, weiß, wann für ihn die Stunde des Einklangs kommt. Vom Formalen her sind Karl Kerenyis Tagebücher zweifellos Literatur. Der private Reflex findet sprachliche Gestalt, bald skizziert, bald komprimiert, im Moment musical des Worts, haikuhaft. Manchmal ist für den Leser der innere Nach Vollzug möglich, manchmal ist nur das persönliche Detail interessant, manchmal besticht auch die historische philosophische Information. „Was ich in diesem Buch biete und wie ich es biete, ist meiner Absicht nach pädagogisch und das ganze diie ungewöhnliche Vortragsweise einer Philosophie.” So siebt es der Autor, der sich dabei besonders auf den hinzugefügten Essay „Die andriotische Säule” bezieht.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung