Wörtliche Angriffe

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"Das Wort ist mächtiger als das Schwert." Nicht nur das, es kann auch als Waffe dienen.

Im Rahmen des vom Friedrich Funder Institut und der Initiative Christdemokratie veranstalteten Symposiums "Ins Gegenteil Verkehrt" beschäftigten sich Experten mit Medienethik. Unter anderem wurde über das Wort als Waffe diskutiert. Ob in der Politik, den Massenmedien oder der Kriegspropaganda: Worte haben Macht. "Serbien muss sterbien" oder "Wollt ihr den totalen Krieg?" sind nur zwei herausragende Beispiele dafür, wie säbelrasselnd die Sprache im vergangenen Jahrhundert gebraucht und als Waffe eingesetzt wurde. Sprache ist mehr als nur Mittel zum Zweck, sie macht die Wirklichkeit für uns erfahrbar. Sprache bestimmt zwischenmenschliche Beziehungen - sie ist der wichtigste Faktor in der sozialen Interaktion. Worte können gebraucht, missbraucht, unbewusst oder auch ganz bewusst eingesetzt werden. An der oft zitierten "Verrohung der Sprache" in den letzten zwei Jahrzehnten lässt sich aber auch erkennen, dass Gewalt im verbalen Diskurs nicht unbedingt ein Monopol totalitärer Regime im Krieg ist.

Ungewollte Aggression

Auch im heutigen Österreich wird Sprache als Waffe eingesetzt, bekräftigt die freie Journalistin Ruth Pauli. Auch wenn nicht die direkte Aggression sondern das "Entgleiten des Wortes" das Problem in den österreichischen Medien sei, so steht für Pauli dennoch fest, dass Worte verletzen können. "Das ist wie bei einem Auto. Es ist nicht gemacht um zu verletzen, kann es aber", zieht sie den Vergleich.

"Sprache ist keine Waffe", betont hingegen Roland Burkart, Professor für Kommunikationswissenschaften an der Universität Wien. Er räumt aber ein, dass Sprechen als Handlung auch Kämpfen heißen könne und "vom Kampf ist es nicht mehr weit zur Waffe". Auf die Massenmedien umgelegt sei auf jeden Fall der Kampf um Aufmerksamkeit zu bemerken. Der verbale Kampf miteinander habe jedoch auch positive Auswirkungen auf das menschliche Zusammenleben. "Der erste, der jemanden beschimpft und ihm nicht den Schädel eingeschlagen hat, hat unsere Zivilisation mitbegründet." So gesehen sei das Schimpfen ein hochzivilisatorischer Akt, bekräftigt Burkart.

Gefahr der Enthemmung

Dass die Sprachwaffe trotzdem nicht ungefährlich sein kann, hat die Vergangenheit immer wieder gezeigt. Nicht Worte, sondern Menschen verletzen einander - Worte können aber zur Senkung der Hemmschwelle beitragen. "Wenn der amerikanische Präsident von der Achse des Bösen' und von Schurkenstaaten' spricht, ist das gefährlich", meint Engelbert Washietl, Redakteur des Wirtschaftsblattes und Vorsitzender der Initiative Qualität im Journalismus. Hier seien vor allem kritische Journalisten gefordert, die der Gefahr hinter solchen Slogans auf den Grund gehen. Für Washietl stehen die Aussagen George W. Bushs in direktem Zusammenhang mit den Folterungen im Gefängnis von Abu Ghraib, da sie den Feind als absolut böse abqualifizieren würden.

Auch für die österreichischen Medien fordert die Journalistin Pauli mehr kritisches Hinterfragen - nicht zuletzt der eigenen Position. Es gebe vor allem Probleme mit der Tonalität der Nachrichteninformationen. "Der Superlativ wurde zum Normalfall", sagt Pauli. Schlagzeilen wie "Haider der neue Hitler" würden sie erschrecken, da nach diesem Superlativ keine Steigerung mehr zu erreichen sei. Solche Aussagen würden oft zu unüberlegt auf die Allgemeinheit losgelassen, was zu verfehlter Meinungsbildung führen könne. Pauli führt als Beispiel an, dass es einen Unterschied für die öffentliche Meinung mache, ob von "Terroristen" oder "Freiheitskämpfern" die Rede sei.

Auch Roland Burkart sieht dieses Problem. Für ihn ist der Sprachgebrauch jedoch keinesfalls unbewusst. "Wenn wir sprechen, handeln wir als Wirklichkeitskonstrukteure." Die Menschen würden aus der Sprache Perspektiven konstruieren, was nicht zufällig geschehe. "In der Regel kann man vor allem Berufskommunikatoren wie Journalisten bewusstes Handeln unterstellen", so der Publizistikprofessor.

Bewusstes Handeln

Nicht nur in den Medien, auch in der Politik wurde der Ton in den letzten Jahrzehnten schärfer. "Wenn in einer hitzigen Diskussion im Parlament Ausrutscher passieren, so ist das nicht so gefährlich", meint der ehemalige vp-Staatssekretär Karl Pisa. Gefährlich würde es dann, wenn Politiker um Aufmerksamkeit zu erzeugen im Bierzelt provozieren, diffamieren und verhöhnen. "Auf diesen Waffengebrauch muss man achten", sagt Pisa und wünscht sich von den österreichischen Journalisten nicht bloß den Transport der Information, sondern auch Kritik.

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