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Digital In Arbeit

Arbeitslose Generaldirektoren

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Der unverkennbare Bückgang der Nachfrage nach Arbeitskraft auf einzelnen örtlichen Arbeitsmärkten hat auch den überregionalen atypischen Arbeitsmarkit der sogenannten Leitenden Angestellten in Bewegung gesetzt und auf diesem Markt eigenartige und bisher nicht bekannte Probleme aufgeworfen; sie sind in der Natur des besonderen Arbeitsverhältnisses begründet, das im Bereich des Managements besteht.

Im allgemeinen rechnet man jene Arbeitnehmer dem Kreis der Leitenden Angestellten zu, die das „Führen“, das Unternehmersein, zum Beruf gemacht haben und Arbeitgeberfunktionen ausüben, was sich etwa darin zeigt, daß sie fremde Arbeitsverhältnisse begründen und auflösen dürfen, also durch Machtübertragung Arbeitgeber auf Zeit sind beziehungsweise sein dürfen. Aus diesem Grund genießen sie auch nicht sämtliche Schutzmaßnahmen des Arbeitsrechtes beziehungsweise des Arbeitsschutzes.

Das Eigenartige des Arbeitsverhältnisses zum Beispiel eines Vorstandsdirektors ist, daß es individualisiert ist und nur zu einem geringen Teil den sonst einem Arbeitsverhältnis bei seiner Begründung vorgegebenen Kollektiv- (Tarif-; Vertrag widerspiegelt, vor allem, weil die Leitenden Angestellten, die kaum Mitglieder einer Gewerkschaft sind, diese auch dem Sinne nach nicht für zuständig halten, ihre Interessen zu vertreten.

Der Arbeitsmarkt der Leitenden Angestellten, zu denen keineswegs alle gehören, die den in der Privatwirtschaft ungeschützten Titel eines Direktors führen, ist im allgemeinen ein „Markt zu zweit“. Die auf diesem Kleinstmarkt abgehandelten Löhne weisen die Eigenmacht der Arbeitnehmer aus und sind als Ist-Löhne durchwegs über den Soll-Löhnen der Kollektivverträge, ganz abgesehen davon, daß die Leitenden Angestellten zudem eine Reihe von Begünstigungen erhalten, wie unsichtbare Löhne und Privilegien, die ihren innerbetrieblichen Stand, wenn nicht die Befriedigung von Prestigebedürfnissen andeuten sollen.

Aus der Sicht der Masse der Arbeitnehmer haben nun diejenigen, die in einem (größeren) Unternehmen „oben“ sind und entsprechend den Vorstellungen des Gesetzgebers einen „maßgebenden Einfluß“ ausüben dürfen und müssen, so gut wie keine wesentlichen Sorgen, es sei denn, für die Verausgabung ihrer Einkünfte ausreichend Zeit zu finden. Diese allgemeine Annahme wird noch dadurch bestärkt, daß aus den Regionen der Spitzengruppe des großbetrieblichen Managements Löhne genannt werden, deren Höhe aufreizend wirkt und Schlüsse herausfordert, die zu verallgemeinernden Vorurteilen gegenüber allen Leitenden Angestellten führen. Wenige Arbeitnehmer der unteren Kategorien denken daran, daß jene Leitenden Angestellten, die weder Eigenitumsanteile an ihrem Unternehmen haben noch zum Familien-Verband des Unternehmenseigen-tümers gehören, elementare wirtschaftliche Sorgen haben können, wenn auch nur in Grenzsituationen. Dabei soll ganz davon abgesehen werden, daß im allgemeinen ein Spitzenfunktionär in einem nach erwerbswirtschaftlichen Vorstellungen geführten Unternehmen seine Stellung nur durch dauernde Spitzenleistungen zu sichern vermag. Vor allem sind viele Leitende Angestellte dadurch bedroht, daß sie lediglich befristete Arbeitsverträge haben, deren Verlängerung nicht garantiert ist, ein Umstand, der vor allem bei älteren Angehörigen des Managements, die nicht mehr ausreichend attraktiv wirken oder sich für die Erfüllung neuer Aufgaben nicht rasch oder angemessen umstellen können, oft bedenkliche Wirkungen haben kann. Auch die oft sehr hohen Abfertigungen können nicht in allen Fällen eine Kompensation für die Folgen eines nichtverlängerten Sondervertrages bilden.

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