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Gedenkkonzerte für Hindemith
Allzuoft zeigen Gedenkkonzerte die Distanz, die eine Zeit zum Werk eines Komponisten gewonnen hat: Das Beispiel Paul Hindemiths — er starb vor rund zehn Jahren, am 28. Dezember 1963, in seiner Heimat Hanau/Frankfurt — bewies das deutlich. Seit die Werke der Komponisten der Wiener Schule ihre volle Wirkung entfalten, ist das Schaffen Hindemiths, des einst enorm Erfolgreichen, international Gefeierten, in die Reserve gedrängt worden. Hatte man einst sein Oeuvre mit den Meisterstücken Bartöks und Stra-winskys in einem genannt, so neigt man heute zum anderen Extrem: sein Schaffen als das eines vor allem an der Praxis orientierten, oft allzu schulmeisterlich gewordenen Großen abzutun. Jedoch der Pendelschlag von Zeit und Geschmack wird auch hier korrigieren.
Denn obwohl man nicht annehmen darf, daß Hindemiths spätes Schaffen wieder an Bedeutung gewinnen wird, kann man die Bedeutung seiner frühen Werke kaum in Frage stellen: Sie haben, obwohl viel zu selten aufgeführt, als imponierende Versuche längst ihren Platz in der Musikgeschichte... die Einakteropern nach Kokoschka, Stramm und Blei (1919 bis 1921), die Jazzparodien der Klavdersuite 1922 und der Kammermusik (op. 24), die kabarettistische Oper „Neues vom Tage“ (1929), die Musik zu Schlemmers „Triadischem Ballett“ (1926), aber auch die schwerblütigen Meisterleistungen, wie das „Marienleben“ (1924), die Opern „Cardillac“ (1926) und „Mathis der Maler“ (1932)...
Abrechnen wird die Zeit freilich mit jenen Werken, die der beneidenswert leicht produzierende Hindemith — Quartettsätze wurden zum Beispiel oft im Speisewagen auf der Fahrt von Frankfurt nach Donaueschingen fertiggestellt — aus rein praktischen Erwägungen schrieb; mit einer erstaunlichen handwerklichen Sicherheit und einer beständigen Liebe zur Popularisierung (Schulwerk, „Frau Musica“, Kanons), zu der später auch noch die Neigung zu altertümelnd-polypho-nen Sätzkünsten kam.
Zwei Künstler, der hochbegabte junge Tiroler Pianist Anton Voigt (Musikverein) und Wiens bekannter Organist Anton Heuler (Konzerthaus), spielten nun zum Andenken an Hindemith: Voigt den „Ludus tonalis“, ein konsequent gebautes, theoretisch-kühles Werk, das in Amerika, während Hindemiths Professur an dar Yale-Universi'tät, entstanden ist, Heiller die Orgelsonaten (1937 bis 1940). Beide Werke haben freilich an Aussagekraft längst verloren.
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