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Schon beim Parteitag der tschechoslowakischen KP im Mai dieses Jahres und dann im Juli, als die tschechoslowakische Bundesversammlung das neue Wahlgesetz beschloß, war klar, daß noch im heurigen Jahr die bisher so bescheiden strapazierten Wahlurnen der Tschechoslowakei wieder einmal benützt werden sollten.

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Schon beim Parteitag der tschechoslowakischen KP im Mai dieses Jahres und dann im Juli, als die tschechoslowakische Bundesversammlung das neue Wahlgesetz beschloß, war klar, daß noch im heurigen Jahr die bisher so bescheiden strapazierten Wahlurnen der Tschechoslowakei wieder einmal benützt werden sollten.

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Parlamentswahlen wären eigentlich schon unter Novotny fällig gewesen, doch schon damals erschienen sie umopporbun. Die kurze Zeit des „Prager Frühlings“ ließ für Wahlen keine Zeit, immerhin aber wurden damals mancherlei Erwägungen über Wahlen und liberalere Wahlgesetze angestellt. Im folgenden Jahr 1969 dachte niemand daran, zu wählen und jetzt, zweieinhalb Jahre nach der Machtübernahme Husäks, scheint die politische Lage derart konsolidiert zu sein, daß man die längst fälligen Wahlen im Spätherbst durchführt.

Das permanente Verschieben der längst fälligen Wahlen — die natürlich in den Jahren seit 1948 nie mehr Wahlen im westlichen Sinne waren — erhielt noch durch die Tatsache einen besonderen Beigeschmack, daß ‘mit dem 1. Jänner 1969 die Föderaii- sierung der Republik in Kraft trat, die die zwei neuen Häuser der Bundeskammer und dazu — neben dem schon bestehenden slowakischen — den tschechischen Nationalrat schuf. Ein Großteil dieser Abgeordneten wurde willkürlich ernannt, bei den restlichen war die Funktionsdauer, für die sie gewählt worden waren, längst abgelaufen.

Nun hat Parteichef Husdk ange kündigt, daß noch heuer Parlamentsund Gemeinde rats wähl e n stattfinden sollen, die nun auch für Ende November fixiert wurden.

Erstmals wird übrigens nicht mehr an einem Sonntag gewählt — zweifellos, um für die Werktätigen einen gewissen Anreiz zu schaffen, während der Dienstzeit zur Wahl zu gehen; natürlich auch, um besser kontrollieren zu können, wer zur Wahl geht und vor allem: nicht geht. Die übrigen Bestimmungen sehen keine wesentlichen Änderungen vor — abgesehen von der neuen Wahleinteilung, die infolge der Föde- ralisierung nötig wurde. Trotz allem wird es auch in der seit 1969 bestehenden Föderation einheitliche Wahl termine geben.

Nun gehört bei diesem Gesetz für Husäk und die Parteispitze nicht allzuviel Mut dazu, nunmehr endlich Wahlen auszuschreiben, denn ein möglicher Opponent hat ja nur beschränkte Möglichkeiten: entweder er geht gar nicht zur Wahlurne, was natürlich risikoreich ist und in den meisten Betrieben kaum möglich sein wird — oder er streicht den Kandidaten; das bringt aber nur dann einen Erfolg, wenn mehr als 50 Prozent der Wähler eines Wahlkreises dies tun, ein kaum denkbares Geschehen. Das .neue Wahlgesetz verblieb übrigens bei der bisherigen Lösung, daß je Wahlkreis nur ein Kandidat aufgestellt werden kann. Bekanntlich gibt es ja in der Tschechoslowakei neben der KPTsch noch zwei Parteien in Böhmen-Mähren und in der Slowakei, die insgesamt in der „Nationalen Front“ vereinigt sind. In Böhmen-Mähren ist dies die Voikspartei und die Sozialistische

Partei, in der Slowakei die Partei der Slowakischen Erneuerung und die Freiheitspartei. In vereinzelten Wahlkreisen werden Funktionäre dieser vier Parteien und nicht solche der KPTsch Wahlkreiskandidaten sein, die von den Kommunisten mit der gewohnten Disziplin möglichst hundertprozentig gewählt werden. Man hat zudem beschlossen, möglichst viele Junge ins Parlament zu holen, wie sich ja auch schon aim

Parteitag das „alte“ und fast unveränderte Parteipräsidiuim ein zu 80 Prozent „neues“ Zentralkomitee schuf, das theoretisch die höchste Parteispitze darstellt. Auch will man mehr als bisher Frauen ins Parlament entsenden; das macht nicht nur einen optisch guten Eindruck: in den letzten Jahren haben sich Frauen, bis auf eine einzige bemerkenswerte Ausnahme, als gefügig und leicht lenkbar erwiesen.

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