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Die bosen Sektierer

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Peking sieht in Indonesiens Sezession von der UNO einen Fehlschlag und steht den Plänen Sukarnos mit Mißtrauen gegenüber. „Kleinbürgerlicher Radikalismus“ und „Sektierertum in der internationalen Politik“ waren Kommentare rotchinesischer Politiker in Gesprächen mit Faure. Ohne es einzugestehen, sehen die chinesischen Kommunisten in der UNO nach wie vor die erstrebenswerte Propaganda und Aktionsplattform der internationalen Politik.

Doch der Einzug Pekings in die UNO kann nur unter Bedingungen erfolgen, die ihn zum großen internationalen Sieg des chinesischen Kommunismus stempeln und Rotchinas Führungsrolle bei den Afro-Asiaten außerhalb jedes Disputs stellen. Die chinesischen Kommunisten werden vor ihrer Aufnahme in die UNO jeden Kompromiß ablehnen und unter keinen Umständen einen Fuß über die Schwelle setzen, solange Nationalchina nicht sämtliche Räume des Glaspalastes in New York verlassen hat. Die Volksrepublik China will nicht als ein neuer Staat in die UNO kommen, das wurde Faure immer wieder von chinesischen Kommunisten beteuert. Das Mandat Chinas als Gründungsmitglied müsse auf Peking übergehen. Wenn Faure darüber sprach, wollte er nicht Recht oder Unrecht in Erwägung ziehen, nur die eiserne Notwendigkeit.

Japans Haltung zur Übertragung des Gründermandats auf Peking hat für die chinesischen Kommunisten entscheidende Bedeutung. Von Tokio hängt zu einem großen Teil der Wert der Aufnahme in die UNO für die chinesischen Kommunisten ab. Denn nur wenn die USA von allen Staaten in Asien und Afrika, die zählen, als „antiasiatisch“ im Stich gelassen werden, ist Pekings Sieg vollständig.

Die Haltung der Chinafrage in der UNO ist die Gretchenfrage, nach der Peking die Staaten in imperialistische und antiimperialistische einteilen wird. Bleibt Tokio im Kielwasser der USA, so wird Japan auf lange Zeit der Stempel ^imperialistisch“ bleiben. Alle japanisch-chinesischen Beziehungen werden unter den Nullpunkt sinken, auch die wirtschaftlichen. Japans Möglichkeiten einer Vermittlung in südostasiatischen Konflikten werden schwinden. Bei diesem Punkt ließ Faure merken, daß er damit meinte, Japans Hoffnung, eine politische Rolle zu spielen, sei an die Zustimmung für die Aufnahme Pekings in die UNO gebunden.

Es hängt also nach Ansicht Faures die politische Situation in Ostasien ganz von Pekings Einzug in die UNO ab, und nicht nur das Ob sondern auch das Wie seien entscheidend. Wenn man den Krieg in Vietnam beenden, das Vietnamproblem lösen wolle, sei das UNO-Mandat für Peking Voraussetzung. Zu dem Lösungsversuchen in Vietnam müsse als Parallelbewegung der Einzug Pekings in die UNO vorbereitet werden. Bis zu diesem Wendepunkt werde kein Bombardement Nordvietnams das Problem auch nur einen Schritt der Lösung näherbringen. Sieht aber Peking die Entfaltung eines politischen Junktims von Vietnam und UNO, so könnten die chinesischen Kommunisten zu Verhandlungen über Vietnam bereit sein, ohne den Abzug der Amerikaner als Voraussetzung des Gesprächs.

Natürlich befürwortet Faure, Peking das grüne Licht für den Einzug in die UNO zu zeigen, um endlich Frieden in Vietnam zu schaffen. Und hier legte der Sonderlegat vor Japan die Problematik des gaullistischen Konzepts bloß. Was er vorschlägt, ist doch nur eine Verschleierung des „unconditional surrender“ der USA in Südostasien. Der Einzug Rotchinas als Gründungsmitglied in die UNO bedeutet die bedingungslose Preisgabe Formosas.

Mit Formosa sicher in den Händen können die chinesischen Kommunisten leicht Kompromißbereitschaft und Großzügigkeit mimen und die amerikanischen Truppen noch einige Monate in Südvietnam dulden. Sie haben das Feld in ganz Südostasien für sich.

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