Allein vorbeugen schützt

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Aids breitet sich weiter aus - vor allem in den Entwicklungsländern, aber auch in Österreich steigt die Zahl der Infizierten.

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Aids breitet sich weiter aus - vor allem in den Entwicklungsländern, aber auch in Österreich steigt die Zahl der Infizierten.

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Der HI-Virus breitet sich aus: Vor allem in den Entwicklungsländern, aber auch in Österreich, steigt die Zahl der infizierten Menschen. Am 1. Dezember ist Welt-AIDS-Tag: Ein guter Anlaß, um sich über die Krankheit zu informieren.

Als im Juni 1981 in medizinischen Fachzeitschriften AIDS (die englische Abkürzung für Immunschwächesyndrom) erstmals beschrieben wurde, hielt sich die Zahl der Betroffenen noch in Grenzen. Einige hundert Menschen, vor allem in den USA, waren bis Ende jenes Jahres an AIDS gestorben. Doch in nur knapp 20 Jahren hat sich die Situation dramatisch verändert: Die Zahl der AIDS-Toten ist auf fast 14 Millionen gestiegen, wobei die ärmeren Länder dieser Welt von der Epidemie besonders betroffen sind. Eines ist aber gleich geblieben: Vorbeugen ist immer noch der einzige wirksame Schutz vor AIDS.

Laut Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation sind rund 33,4 Millionen Menschen HIV-positiv. Die Zahl ist umso mehr besorgniserregend, als die überwiegende Mehrheit der Infizierten über ihre Krankheit nicht Bescheid weiß und es möglicherweise unterläßt, für sich und andere Schutzmaßnahmen zu treffen.

Straßenkinder Während in der westlichen Welt AIDS-Kranke durch den Einsatz von Kombinationstherapien mit immer besseren Überlebenschancen rechnen können, stehen die Menschen in den Entwicklungsländern weitgehend machtlos dem Virus und seinen Konsequenzen gegenüber: Sie sind selten über die Übertragungsmöglichkeiten des HI-Virus informiert, und sie kommen, einmal erkrankt, kaum in den Genuß einer Behandlung.

Besonders problematisch ist die Lage in den Ländern Afrikas südlich der Sahara: Hier leben nur zehn Prozent der Bevölkerung unseres Planeten, aber 60 Prozent der weltweit HIV-positiven Menschen. Die Konsequenzen sind verheerend: Abgesehen vom individuellen Leid der Betroffenen, hat die Epidemie schwerwiegende Folgen für diese Gesellschaft. Durch den Tod von vielen Erwachsenen fehlen den bereits schwachen Volkswirtschaften der Entwicklungsländer wesentliche Arbeitskräfte. Von Jahr zu Jahr steigt die Zahl der verwaisten Kinder, die beide Eltern an AIDS sterben gesehen haben.

Am Beispiel von Zambia schildert die englische Zeitschrift "The Economist" das Schicksal dieser Kinder, durch die die ohnehin dramatische Zahl der minderjährigen Obdachlosen in vielen Ländern Afrikas noch vergrößert wird: "Vielleicht 90.000 (obdachlose Kinder) leben auf den Straßen oder im Gebüsch von Zambia. Sie kommen durch die Wiederverwertung kaputter Flaschen beziehungsweise durch kleine Diebstähle über die Runden. Zu arm, daß sie sich Klebstoff (als Betäubungsmittel) leisten könnten, um die Kälte der Abende zu ertragen, inhalieren sie gegorene Jauche."

In Österreich betrifft AIDS eindeutig eine Minderheit: An die 12.000 bis 15.000 Menschen sind vom Virus infiziert, wobei auffallend viele in Wien leben. Claudia Kuderna, Geschäftsführerin der AIDS-Hilfe Wien, erklärt: "Am Anfang waren vor allem Homosexuelle und DrogengebraucherInnen von AIDS betroffen und hier in Wien sind einfach die Szenen. Dadurch haben sich hier auch sehr früh und in größerem Ausmaß als in den Bundesländern verschiedene Betreuungsmaßnahmen entwickelt. Ein weiterer Punkt ist, daß für sehr viele im Umgang mit ihrer Krankheit Anonymität entscheidend ist. Wir haben also auch einen sehr großen Zuzug von Menschen, die im Umland leben."

Frauen gefährdet Der Kreis der HIV-Positiven wächst in Österreich täglich um eine bis zwei Personen, und dies trotz aller Angebote an Ersatzdrogen, Spritzenaustausch und Aufklärung. Die Statistik zeigt, daß Neuinfektionen vor allem bei Heterosexuellen zunehmen, wobei Frauen aus biologischen Gründen besonders gefährdet sind, sich bei ungeschütztem Geschlechtsverkehr zu infizieren. "Im allgemeinen ist der Informationsstand, vor allem aber das Bewußtsein dafür, daß man betroffen sein könnte, nicht vorhanden", bedauert Kuderna.

Die AIDS-Hilfe-Wien ist einer der sieben Vereine, die nach Auflösung der AIDS-Hilfe Österreich im Jahre 1991 gegründet wurden. Um erneut auf die Gefahren des HI-Virus hinzuweisen, werden auch heuer wieder zum Welt-AIDS-Tag am 1. Dezember in ganz Österreich zahlreiche Initiativen stattfinden. Mit dem "Condom-O-Tram" geht die AIDS-Hilfe-Wien in die Offensive: Einen halben Tag lang wird die Informationsstraßenbahn die Bundeshauptstadt durchkreuzen, um Kondome und Broschüren zu verteilen.

Die Stigmatisierung von AIDS erschwert es jedoch erheblich, Aufklärungssarbeit zu leisten. So werden in Österreich jährlich eine Million Tests durchgeführt, die gefährdeten Zielgruppen allerdings bleiben oft ausgeschlossen. Die Folge ist, daß bis zu 60 Prozent der HIV-Positiven erst ein Jahr vor der eigentlichen Erkrankung erfahren, daß sie sich mit dem Virus angesteckt haben. Eine Normalisierung im Umgang mit AIDS würde einiges erleichtern. "Es ist mit Sicherheit eine der am meisten stigmatisierten Krankheiten... es hat mit Sexualität zu tun, was für viele ein schwieriges Thema ist, es hat mit Tod zu tun, was ebenfalls ein Tabu ist", faßt Kuderna die Problematik zusammen.

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