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Bewaffnete Konflikte tragen massiv zur globalen Ungleichheit, zu Ausgrenzung und Rechtsunsicherheit bei. Die Mittel für Militärausgaben wachsen ständig # auch gegenüber den Ausgaben für Entwicklungszusammenarbeit.

Die Zahl der zwischenstaatlichen Kriege und Gewaltkonflikte hat in den letzten Jahrzehnten abgenommen. Diese #alten# Kriege wurden jedoch von neuen # vor allem innerstaatlichen # Gewaltkonflikten abgelöst. Vor allem in Ländern, die wir gemeinhin als Entwicklungsländer bezeichnen.

Die Auswirkungen dieser Konflikte auf die Zivilgesellschaft nehmen sich verheerender als in den klassischen Kriegen aus: Migration, Nahrungsmittelkrisen, Epidemien treiben die Menschen in extreme Armut, Gewalt richtet sich massiv gegen Frauen, junge Menschen werden ihrer Zukunft beraubt. Der Zerfall staatlicher Strukturen durch Konflikte fördert schlechte Regierungsführung, Korruption und Menschenrechtsverletzungen, Faktoren, die alle Bemühungen um die Beendigung von Konflikten und einen nachhaltigen Wiederaufbau konterkarieren. Die betroffenen Regionen sind oft langfristig instabil, was sich auch auf die internationale Sicherheit auswirkt. #Keine Entwicklung ohne Sicherheit # Keine Sicherheit ohne Entwicklung# (Kofi Annan).

Der positive Frieden

Während des Kalten Krieges war Sicherheitspolitik rein militärisch definiert und Frieden wurde schlicht als Abwesenheit von Krieg betrachtet. Von dieser realpolitischen Position lösten sich schon in den 60er-Jahren FriedensforscherInnen in Skandinavien los. Johan Galtung entwickelte das Konzept des #positiven Friedens#, das nicht nur auf die Überwindung der direkten Gewalt abzielt, sondern strukturelle und kulturelle Gewalt einbezieht. Das Konzept der menschlichen Sicherheit umfasst weit mehr als den Schutz der Betroffenen vor Gewalt. Es fokussiert auf sozioökonomische Sicherheit, Gesundheit, Ernährungs- und Umweltsicherheit # also die #menschlichen Aspekte# von Sicherheit.

Entwicklungspolitik definiert Sicherheit in diesem Sinne. Sie will Menschen vor leidvollen und unwürdigen Situationen wie Armut und Hunger, Krankheit, extremer sozialer Ungerechtigkeit und Ausgrenzung, Umweltbedrohungen und Rechtsunsicherheit schützen und sie dabei unterstützen, diese zu überwinden.

Auch die Millenniumserklärung der Vereinten Nationen verdeutlicht: Entwicklung ist mit Frieden und Sicherheit untrennbar verbunden. Die Entwicklungspolitik des 21. Jahrhunderts trägt wesentlich zum Kampf gegen extreme Armut, Unrecht und Diskriminierung # und damit zur Krisenprävention # bei, aber auch in der Konfliktbearbeitung und Friedensförderung kann sie eine bedeutende Rolle spielen. Entwicklungszusammenarbeit (EZA) setzt vorrangig an den Konfliktursachen an und hilft, diese mit Ernährungs-, Gesundheits-, Bildungs- und Umweltprogrammen abzubauen.

Friede und Sicherheit sind gemäß EZA-Gesetz ein Hauptziel der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit. Seit 2009 wird ein #Strategischer Leitfaden# verhandelt, in dem festgeschrieben werden soll, dass die konfliktpräventive Funktion gestärkt werden muss; militärische Interventionen sollen nur in der Konfliktbewältigung als #last resort# stattfinden.

Mit dieser Haltung liegt Österreich im Trend der Geberstaaten. Nun möchte man meinen, diese Prioritätensetzung sollte sich in den Finanzierungsstrukturen widerspiegeln. Weit gefehlt: Weltweit flossen in den letzten 50 Jahren 2,3 Billionen USD, das sind 1.803.940.000.000 Euro, in die Entwicklungszusammenarbeit. Im Rüstungsbereich wird dieser Betrag in nur zwei Jahren aufgewendet: Allein 2009 wurden mehr als 1. 047.000.000.000 Euro in Waffen, Heere, Angriff und Verteidigung investiert # ein Bruchteil dieses Betrages würde ausreichen, um die Millenniumsentwicklungsziele zu erreichen und damit die Ursache vieler bewaffneter Konflikte zu beseitigen.

* Die Autorin ist Geschäftsführerin der AG Globale Verantwortung für Entwicklung und Humanitäre Hilfe.

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