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Katholiken in der OVP
In der Nummer 3/1965 hat die „Furche“ loyal einem Mann von „drüben“, Dipl.-Inff. Peter Spitaler, in seinem Aufsatz über die „Katholiken in der SPÖ“ das Wort erteilt: Er hat die theoretische Situation der praktizierenden Katholiken in dieser Partei zu umreißen versucht.
Es liegt nahe, auch die Situation der Katholiken in der ÖVP zu beleuchten, weil die Verbindung von Katholiken und ÖVP erheblich augenfälliger ist und nicht die Ausnahme von der Regel — wie dies bei der SPÖ der Fall ist.
Um die Problematik zu verstehen, muß man freilich vorerst die Struktur der österreichischen Volkspartei untersuchen.
Bis zum Jahre 1932 gab es in den politischen Parteien Österreichs keinen weltanschaulichen Pluralismus. Der Episkopat hatte seine Stellung klar bezogen und festgestellt:
„Für den Verkehr mit der Sozialdemokratie gelten aber jene Worte, mit denen der Apostel Paulus die Christen von Korinth vor dem Verkehr mit den Heiden gewarnt hat: Ziehet nicht an demselben Joche mit den Ungläubigen, denn welche Gemeinschaft hat die Gerechtigkeit mit der Gottlosigkeit? Was hat Licht mit Finsternis gemeinsam?“ (Rundschreiben des österreichischen Episkopats aus dem Jahre 1925.)
Nachdem der Parteitag der Sozialdemokraten im Jahre 1926 zu Linz ein eindeutig atheistisches Programm festgelegt hatte, war das Freidenkertum zur offiziellen Ideologie der Sozialdemokraten geworden, weil der sogenannte Bund „religiöser Sozialisten“ im wahrsten Sinn des Wortes „Narrenfreiheit“ in der Partei hatte. Damit war für den österreichischen Katholiken klar, daß er nur in der Christlichsozialen Partei seine Vertretung besaß.
Als de facto Nachfolgerin der Christlichsozialen bildete dieser weltanschauliche Ballast für die ÖVP nach 1945 einerseits eine Hypothek, garantierte aber anderseits jenen Wählerstock, der die ÖVP schon bei den ersten demokratischen Wahlen die' absolute Mehrheit erringen ließ. Die ÖVP konnte sich auf die Katholiken verlassen, die traditionell diesem neuen Parteigebilde einen Vertrauensvorschuß gaben.
Die ÖVP wollte nach 1945 keine konfessionelle Parteixsein; sie wollte auch dem Namen nach nicht konfessionell orientiert erscheinen, sondern zum Sammelbecken aller nichtsozialistischen Gruppen werden. In den ersten programmatischen Leitsätzen ist jeder Hinweis auf eine mögliche Konfessionalisierung der Partei vermieden. Erst im Jahre 1952 bekennt sich die ÖVP zu dem unverbindlichen Begriff der „christlich-abendländischen Kulturaurfassung“, und 1958 sagt die ÖVP von sich: „Wir werden uns daher von den ewigen Grundsätzen des Naturrechts leiten lassen“ (Parteiprogramm, beschlossen am 7. Bundesparteitag in Innsbruck). Und 1963 entschließt sich die ÖVP, in ihrem „Klagenfurter Manifest“ den folgenschweren Satz zu prägen: „Die österreichische Volkspartei bekennt sich als christliche Partei.“
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