Mit der Bahn auf den Spuren der Inkas

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Cuzco, Machu Picchu ...die geheimnisvolle Stätten derInkas inmitten einer atemberaubenden Landschaft gehörennach wie vor zu den faszinierendsten Sehenswürdigkeiten Lateinamerikas.

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Cuzco, Machu Picchu ...die geheimnisvolle Stätten derInkas inmitten einer atemberaubenden Landschaft gehörennach wie vor zu den faszinierendsten Sehenswürdigkeiten Lateinamerikas.

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Wer im 3310 Meter hoch gelegen Cuzco, dem "Nabel der Welt" in der Inkazeit, dem Flugzeug entsteigt und nicht sofort an Soroche (Höhenkrankheit) leidet, kann sich glücklich schätzen. Unabhängig von der physischen Kondition oder der Konstitution werden Reisende davon befallen, leiden unter starken Kopfschmerzen, Atemnot, Erbrechen oder einer unbesiegbaren Müdigkeit. In den Restaurants und Hotels ist man auf diese unangenehmen Begleiterscheinungen der Gringos bereits vorbereitet und serviert häufig Mate de coca.

An wenigen Stellen kann man anhand der Ausmaße übriggebliebener Ruinen erahnen, welch gewaltige Bauwerke vor der Ankunft der Spanier im Jahre 1533 existiert haben mußten. Ein solches Relikt stellt beispielsweise die "Alte Inkamauer" dar, deren Fragmente die Fundamente vieler Häuser bis in die Gegenwart bilden. Weitaus beeindruckender sind die Ruinen von Sacsayhuaman, ungefähr 200 Meter über der Stadt gelegen. Wenn auch geteilte Ansichten über die Funktionen dieser angeblichen Inkafestung vorliegen, so steht mit Sicherheit fest, daß sie durch die Spanier zerstört wurde, und daß man hier über Jahrhunderte Granitblöcke entwendete, die in Cuzco als Baumaterial Verwendung fanden. Sollte man noch immer an der Höhenumstellung laborieren, dann sollte man sich für ein paar Tage zu einem Abstecher nach Macchu Picchu, der Inka-Stadt in der Bergwildnis, aufraffen: Noch bei Dunkelheit ging es per Bus nach Ollantaytambo, wo wir uns einer Schmalspurbahn anvertrauten. Bald begann sich das anfangs noch relativ weit wirkende Urubambatal schluchtartig zu verengen. Steilste Bergflanken begleiteten uns zu beiden Seiten des Flusses, da und dort gaben die Gebirgsriesen ihre eisgepanzerten Gipfel frei.

Ein plötzliches Anhalten der Bahn auf freier Strecke ließ uns von den Sitzen hochfahren. Wir hatten einen jener Steilhänge erreicht, wo sich der Zug, um Kurven zu vermeiden im "Zick-Zack-System" abwechselnd vorwärts- und rückwärtsfahrend, höherschaukelt.

Die Aufenthalte in den Bahnstationen gaben den in bunten Trachten gekleideten Indiofrauen und deren Kindern die Möglichkeit, ihre Handarbeitsprodukte aus Schaf- beziehungsweise Alpakawolle, in erster Linie waren es Pullover, Hauben, Schals und Handschuhe zu verkaufen. In denWaggons entwickelte sich ein reges Treiben, als urplötzlich die ersten Wollpullover zur Anprobe durch die offenen Fenster ins Wageninnere geflogen kamen.

Rätselhaft bis heute In Puente Ruinas stiegen wir um in einen Bus, der uns über unzählige Kehren Machu Picchu, einer der bedeutendsten Sehenswürdigkeiten Lateinamerikas, näherbrachte. Als 1911 die Inka-Siedlung, über deren Funktion man heute noch rätselt, und von deren Existenz die Spanier keine Kenntnis hatten, vom Amerikaner Hiram Bingham entdeckt wurde, mußte sie erst aus ihrem pflanzlichen Verwucherungszustand freigelegt werden.

Schier unbezwingbar schien die 2700 Meter hohe Felspyramide des Huaina Picchu zu sein. Auf einem kühn in die Nordwand gelegten Steig konnten wir in zirka 40 Minuten den Gipfel erklimmen. Grandios war die Sicht auf die zum Greifen nahen, eisgekrönten Sechstausender. Imposanter als das, einem zu Füßen liegende, weiträumige Ruinenfeld, war für uns die wilde Hochgebirgskulisse.

Ein unerhört lohnendes Unterfangen war tags darauf die Begehung eines Abschnittes des Inka-Trails. Von Machu Picchu aus waren beispielsweise die Ruinen von Humay Huayna in knapp dreistündiger Gehzeit erreichbar. Der alte Inka-Pfad, meist der Höhenlinie folgend, verlief in einer Höhe von ungefähr 2500 Meter. Die Wanderung führte durch nebelige Bergwälder von ganz besonderem Reiz. Begeisternd ist die Vielfalt der Pflanzen und ihrer Blütenpracht. Bromelienkolonien bedeckten die steilsten Felswände oder saßen, da Epiphytengewächse, überall auf den Ästen der Bäume auf. Aber auch an verschiedenen Orchideen führte der Steig vorbei, brachte uns an Riesenschmetterlinge und Kolibris heran.

Südlich von Cuzco beginnt der bis ins benachbarte Bolivien reichende Altiplano, die andine Zentrallandschaft Perus. Bei Benützung der legendären Andenbahn, die auf der Strecke zwischen Cuzco und Puno am Titicacasee rund 500 Höhenmeter zu überwinden hat, konnten wir uns in relativ kurzer Zeit eine guten Überblick über Landschaft, Flora und Lebensweise der Menschen verschaffen. Mit zunehmender Höhe schlug immer mehr die Puna-Vegetation durch. Harte, stechende Ichu-Gräser (Büschelgräser), Dornsträucher und Sukkulente nahmen überhand. Der Anbau trat zurück, die Viehhaltung stand im Vordergrund, wobei man sich auf die Haltung von Lamas, Alpakas und Schafen beschränkte. Die Höfe der Indios, die an Dreiseithöfe en miniature erinnerten, harmonisierten mit der Landschaft.

Sobald wir in den Nahbereich des Titicacasees, durch den die Grenze zwischen Peru und Bolivien verläuft, gekommen waren, befanden wir uns im Siedlungsgebiet der Aymara, die vermutlich in der Vorinkazeit bereits weite Teile Perus und Boliviens in Anspruch genommen hatten.

Indianische Tradition Von Puno aus wurden von uns einige der ungefähr 80 künstlichen Inseln des Sees angelaufen, auf denen heute noch an die 500 den Urus zugehörige Indios leben, die einst von den Aymara unterworfen wurden und von den Ufern des Sees verdrängt, hierher ausgewichen sind. Der Fischfang und die eßbaren Teile des Schilfes waren ursprünglich ihre Lebensgrundlage. Staatliche Subventionen und Einnahmen aus dem Tourismus unterbinden heute weitgehend die Abwanderung.

Der See bewirkt auf Grund seiner enormen Flächenausdehnung ein eigenes Mikroklima. Die ganzjährig ausgeglichene Wassertemperatur von etwa 12û C schwächt die ansonsten in dieser Höhenlage üblichen tiefen Nachttemperaturen ab, so daß sogar in 3800 Meter Höhe noch Inkahirse und Kartoffeln auf den für diese Region typischen Hochbeeten, den Callainpas, im Umfeld des Sees gedeihen.

In diesem von den Aymara bevorzugten Siedlungsgebiet, werden den Naturfreunden und Liebhabern alter Hochkulturen Leckerbissen besonderer Art geboten. Trotz des Tourismus wird das Leben im Hochland heute noch immer von indianischen Traditionen geprägt.

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