Fünf Mittel gegen die Flucht in die Frühpension

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Was zeichnet gute Arbeitsplätze aus? Glaubwürdigkeit, Respekt, Fairness, Stolz und das Team. Unternehmen, die darin hohe Werte erzielen, haben deutlich weniger Krankenstandstage.

Das müsste wirklich nicht sein: Fast jeder vierte Angestellte in Deutschland hat innerlich gekündigt. Trotz des Aufschwungs nahm die emotionale Bindung von Angestellten an ihre Arbeitgeber nach einer Umfrage des Beratungsunternehmens Gallup nicht zu.

Die Mitarbeiter, die sich innerlich verabschiedet haben, fehlen häufiger und verursachen damit einen gesamten volkswirtschaftlichen Schaden von bis zu 124 Milliarden Euro, schätzte Studienautor Marco Nink einem Bericht der deutschen Presseagentur zufolge. Nur etwa jeder Siebente (14 Prozent) ist nach der Umfrage Feuer und Flamme für seinen Betrieb. Solche Einstellungen, also "Fans ihres Betriebes“ wünscht sich für Österreich Erich Laminger. Er ist Geschäftsführer der hiesigen Landesorganisation von Great Place to Work: Deren Studien bewerten die Arbeitsplätze entlang von Kriterien anhand der Einschätzung der Beschäftigten - mit teils überraschenden Ergebnissen.

Es geht um fünf Dimensionen - Glaubwürdigkeit, Respekt und Fairness als jene des Vertrauens, Stolz und Team als Elemente der Arbeitsplatzkultur -, die erhoben und gemessen werden. Die Wertungen erfolgen anhand der Antworten der Mitarbeiter auf 63 Fragen (nur in Deutschland und in Österreich, in den anderen 44 Ländern sind es 57 Fragen). Die Antwortskala ist fünfteilig (trifft fast gar nicht zu / trifft überwiegend nicht zu / teils-teils / trifft überwiegend zu / trifft fast völlig zu) und reicht von der freundlichen Atmosphäre über die Zuteilung von Verantwortung bis zur Gesundheitsförderung. Und genau darin, in der Gesundheit, zeigen sich dann die Unterschiede zwischen den Arbeitgebern doch sehr deutlich.

Die genannten fünf Dimensionen ließen sich, so Laminger zur FURCHE, auch in Vertrauen zum Arbeitgeber, in Stolz auf die Tätigkeit und in Freude an der gemeinsamen Arbeit ausdrücken. Doch das Markante an der österreichischen Situation sei die "Flucht aus der Arbeitswelt“, dieses "früh Pensioniert sein wollen“. Daher wäre es besser, würden sich die Arbeitnehmer - frei nach Ö3 - nicht nur auf den Freitag, sondern auch auf den Montag freuen. Denn wer keine Freude an der Arbeit empfindet, erwartet gerne den Tag der Pensionierung. Daher sei die Anwendung der Kriterien des in 30-jähriger Forschungsarbeit entwickelten Modells zur Evaluierung der Arbeitsplatzkultur "mehr als ein Orchideen-Thema“.

Dieses Thema habe wesentlich mit den Menschen zu tun, und "weil wir in Österreich ja primär die Ressource Mensch haben, sind wir gut beraten, diese zu nutzen“: Das Modell mit seinen fünf Dimensionen sei wohl auch als "Antithese“ zur "Früh-Pensionitis“ zu sehen, meint Laminger. Die Zufriedenheit am Arbeitsplatz "schlägt nämlich durch bis auf die Basis“: Unternehmen, die bei Great Place to Work gut abschneiden, hätten niedrigere Krankenstandstage zu verzeichnen als andere: Konkret 3,3 Krankenstandstage pro Mitarbeiter, während der Statistik des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger zufolge im Durchschnitt elf Krankenstandstage pro Mitarbeiter anfallen.

Unternehmen, die das "Gütesiegel der Arbeitsplatzkultur“ tragen, würden objektiv weniger Krankheits-Phänomene auslösen. Wo die Prinzipien von Great Place to Work wirklich funktionierten, seien keine durch das Unternehmen verursachte Anlässe für Burnout oder psychosomatische Leiden der Arbeitnehmer vorzufinden.

Manager sollen inspirieren und Sorge tragen

Für freundlichere und angenehmere Bedingungen an den Arbeitsplätzen zu sorgen, sei eine einfache, mit wenig finanziellem Aufwand verbundene Aufgabe, sagt Laminger, der 20 Jahre lang Personalchef in der Elektroindustrie war. Es sei ein "grobes Missverständnis“, Sozialleistungen einfach als "Schmerzensgeld“ zu verstehen. Anerkennung sei wesentlich, ebenso die Atmosphäre. Genau auf diesen Feldern sei jetzt anzusetzen, denn bei der körperlichen Sicherheit am Arbeitsplatz "sind wir ja schon Weltmeister“. Optimale Voraussetzungen an den Arbeitsplätzen zu schaffen, würde die Ergebnisse sicher erhöhen. Daher wird die Befragung der Mitarbeiter nur zu zwei Dritteln gewichtet, ein Drittel der Gesamtbewertung komme aus dem "Culture Audit“: Die für das Personal zuständigen Manager müssten offen beantworten, wie sie Mitarbeiter inspirieren, wie sie diesen Anerkennung vermitteln und wie die Fürsorge wahrgenommen werde. Die Bewertung werde durch Fachleute vorgenommen.

Die Preisträger 2012 in der Kategorie über 250 Mitarbeiter sind Micorsoft Österreich, das Elektronik-Unternehmen Omicron und das Beratungs-Unternehmen Accenture. In der Kategorie 50 bis 250 Mitarbeiter wurden die niederösterreichische Baustoff-Gesellschaft Ardex, das Personal-Vermittlungsbüro Start People und das Pharmaunternehmen Mundi Pharma ausgezeichnet.

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