Großraumbüro - © Foto: iStock / Sidekick

Kontrolle gut, Vertrauen besser?

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Der Zwölf-Stunden-Tag ist seit mehr als einem Jahr Realität. Lohnend kann unterdessen ­ein Blick auf Firmen sein, die Eigenverantwortung und Flexibilität ihrer Mitarbeiter fördern.

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Der Zwölf-Stunden-Tag ist seit mehr als einem Jahr Realität. Lohnend kann unterdessen ­ein Blick auf Firmen sein, die Eigenverantwortung und Flexibilität ihrer Mitarbeiter fördern.

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Es ist 10 Uhr vormittags. Peter steht heute ein langer Arbeitstag bevor, erzählt er: „Bis 20 Uhr werde ich hier bleiben.“ Es sei momentan einfach viel zu tun in der Arbeit. Er sei aber gerne hier, da vieles harmonisch und auch sein Vorgesetzter eine gute Führungskraft sei, so der IT-Techniker. Zur Stimmung trage auch die flexible Arbeitszeit bei. Kernzeit gibt es hier keine. Kommt Peter später, informiert er seine Kollegen. Die Anwesenheiten seien mit allen abgesprochen, erzählt der 44-Jährige. Vertrauensarbeitszeit heißt dieses Modell, das in vielen Firmen immer beliebter wird.

Als das neue Arbeitszeitgesetz vor über einem Jahr eingeführt wurde, schien das Verhältnis zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern auf einem Tiefpunkt. Arbeitnehmervertreter liefen dagegen Sturm. „Dieses neue Gesetz schafft auch eine neue Basis für die Vertrauensarbeitszeit“, ist Haider Shnawa, Geschäftsführer des IT-Unternehmens Sharevision, überzeugt. Dabei steht nicht die im Büro verbrachte Zeit im Vordergrund, sondern welche Leistungen in dieser Zeit erbracht werden.

Evelyne Huber, Work Ability-Beraterin, sieht in der Vertrauensarbeitszeit eine Möglichkeit, das Vertrauen zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern zu verbessern: „Arbeitgeber müssen aber ihre Mitarbeiter vor Stress, Überforderung oder psychischer Ermüdung schützen.“ Auch sollten betriebliche Angebote und Regelungen für flexibles und mobiles Arbeiten geschaffen werden, so die Beraterin. Vertrauen sei für sie ein wechselseitiger Prozess, der erlernt und aufgebaut werden müsse. Einfühlungsvermögen und eine transparente, ehrliche Kommunikation seien für sie der Schlüssel dazu. Wie die Arbeitszeit geregelt werde, sei nicht der wichtigste Punkt, sagt Evelyne Huber. „Ein offenes zwischenmenschliches Miteinander spielt für eine Förderung des Vertrauens eine viel größere Rolle.“

Autonomie-Bedürfnis

Christian Korunka, Professor für Arbeits- und Organisationspsychologie an der Universität Wien, sagt im Gespräch mit der FURCHE: „Mitarbeiter, die sich in einer Firma wohlfühlen, arbeiten effizient, motiviert und sind im Endeffekt auch produktiv und erfolgreich.“ Denn zentrale Grundbedürfnisse von Menschen seien Autonomie und Entscheidungsfreiheit.

Unternehmen brauchen neue Wege der Leistungsbeurteilung und Motivationsfaktoren, die den Teamspirit fördern, ist Berufsinformiererer Robert Frasch überzeugt. „Die Stechuhr erfasst ja nur, wer körperlich anwesend ist“, sagt er. Diese wisse nicht, ob diese Anwesenheit produktiv sei oder nur „als reine Sesselbelegung“ ­diene. Für Robert Frasch zählt auch die Sichtbarkeit zu „den wichtigsten Elementen, um Vertrauen zu erzielen“. Auslaufmodell seien hingegen Führungskräfte, die Mitarbeiter zu sich beordern und nie im Unternehmen sichtbar seien, so Frasch. Besonders junge Menschen, wie etwa Lehrlinge, wünschen sich das heute. „Ich habe in der Jury des Österreichischen Staatspreises auch all jenen einen Punkt abgezogen, bei denen der Geschäftsführer nicht beim Welcome Day der Lehrlinge dabei ist.“

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