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Digital In Arbeit

Begegnung mit einem Boboter

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Neue Technologien gelten als Jobkiller. Wahr ist aber, daß der Fortschritt mehr Arbeit schafft als abschafft - allerdings in ganz anderen Branchen.

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Neue Technologien gelten als Jobkiller. Wahr ist aber, daß der Fortschritt mehr Arbeit schafft als abschafft - allerdings in ganz anderen Branchen.

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Ganze Berufszweige wurden im vorigen Jahrhundert überflüssig, als die Eisenbahn zu rollen begann. Ähnliches ist jetzt in der dritten industriellen Revolution zu beobachten. Die Computerisierung der Welt hat zahllose Industriearbeitsplätze gekostet und noch ist das Ende dieser Entwicklung nicht erreicht. Soweit die schlechte Nachricht.

Die gute Nachricht ist, daß die Zahl der Beschäftigten in den letzten zwei Jahrzehnten in Österreich viel stärker angestiegen ist als jene der Arbeitslosen. Die Diskrepanz dieser beiden Nachrichten ist es, die die Probleme und berechtigten Ängste schafft. Denn ebenso wie im 19. Jahrhundert zum Beispiel die Hufschmiede arbeitslos wurden, statt dessen aber Lokomotivführer, Schaffner und ähnliche Berufe neu entstanden, so werden auch heute durch Industrieroboter, durch CAD/CAM (Computer Äided De sign/Manufacturing) und Telekom viele Arbeitsplätze wegrationalisiert, doch neue in anderen Bereichen (etwa Dienstleistungsgewerbe) geschaffen. Doch damit sind eine Menge Probleme verbunden.

Einen Aspekt des verstärkten Einsatzes neuer Technologien hat Giselher Guttmann vom Wiener Institut für Psychologie untersucht. Er hat an ausgewählten Modellsituationen in vier verschiedenen Arbeitsbereichen psychologische Barrieren bei der Einführung neuer Computer-Technologien auszumachen versucht: in einer Telephonauskunft, in einem Konstruktionsbüro, in einer Bank und in einer Bibliothek. Dabei ist sein Team auf ein Phänomen gestoßen, das arbeitspsychologisch bedeutsam ist. Menschen reagieren auf Streßsituationen, wie sie eine Umstellung mit sich bringt, nämlich höchst unterschiedlich. Die einen erreichen unter Belastungen erst so richtig ihre Höchstform, während sich die Leistungsfähigkeit bei anderen in derselben Situation drastisch reduziert.

Die Erhebungen wurden jeweils sechs Monate vor der Umstellung, dann während der Umstellung und zuletzt ein Jahr nach der Umstellung durchgeführt. Der Auswertung der Ergebnisse ergab, daß die Akzeptanz neuer Technologien sowohl bei denjenigen Menschen, die Streß brauchen als auch bei jenen, die darunter leiden, sehr von Ümstellungsstil abhing. Je früher die Mitarbeiterinnen) informiert und in den Planungsprozeß einbezogen werden, desto geringer waren die Unzufriedenheitswerte wie auch die Angaben über das Ausmaß der körperlichen Beschwerden.

Ein Beispiel einer gelungenen Umstellung ist das BMW-Werk in Steyr. Hier wurden lange vor dem Einsatz der neuen Montageanlage M41 für den Vier-Zylinder-Dieselmotor die Ingenieure mit den Arbeitern und deren Erfahrungen am Band konfrontiert. Bedauerlicherweise ist es keine Selbstverständlichkeit, was hier versucht wurde: nämlich die Arbeitsplätze den Mitarbeitern anzupassen - und nicht umgekehrt. Wie der Geschäftsführer Walter Durch-schlag berichtet, hat die Schaffung von Kommunikationszentren im Mittelpunkt des Produktionsbereiches der Fabrik, wo unter anderem laufend Vorschläge zur Verbesserung der Arbeitssituation gesammelt und dann von Technikern nach Umsetzungsmöglichkeiten überprüft werden, sehr zur Verhinderung von „Montagsautos“ beigetragen.

Motivation, ein oft beschworenes Schlagwort, ist nach sämtlichen wissenschaftlichen Erkenntnissen nicht etwas, das man als Arbeitgeber eigens „erzeugen“ muß, sondern etwas, das die Mitarbeiter(innen) von vorne herein einmal mitbringen und das sich immer dann „automatisch“ einstellt, wenn die Arbeitsbedingun gen stimmen. Auch die Bereitsschaft zur Umschulung (innerhalb des Betriebes) steigt in dem Maße als die Angestellten Einblick in und Mitsprache an Entscheidungsprozesse(n) gewährt wird.

Das eigentliche Problem ist aber wohl nicht die Verbesserung der Arbeitsverhältnisse, denn das ließe sich mit gutem Willen lösen. Die Ängste der Menschen betreffen den gänzlichen Verlust des Arbeitsplatzes, wovon vor allem ältere und weniger begabte Menschen betroffen sind. Und auf dieses, nicht in erster Linie durch neue Technologien geschaffene Problem, hat auch die (Wirtschaftswis-senschaft keine befriedigende Antwort. Desgleichen hat die Soziologie noch kaum Antworten auf die Frage gegeben, welche Auswirkungen der Verlust an Kommunikationsmöglichkeiten durch Tele-Arbeit, -Banking und -Shopping haben wird.

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