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Innovation: Zwischen Phantasie und Wissen

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Seit 30 Jahren organisiert die Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft die „Österreichwoche“. Heuer ist das Motto dieser Veranstaltung „Innovatives Österreich“. Speziell im Umweltschutzbereich haben heimische Firmen teilweise erstaunliche innovative Schritte gesetzt.

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Seit 30 Jahren organisiert die Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft die „Österreichwoche“. Heuer ist das Motto dieser Veranstaltung „Innovatives Österreich“. Speziell im Umweltschutzbereich haben heimische Firmen teilweise erstaunliche innovative Schritte gesetzt.

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Rund eine Million Patente wird heute weltweit angemeldet. Das Wissen in vielen Fachgebieten verdoppelt sich innerhalb von drei bis fünf Jahren. Viele Unternehmer müssen damit rechnen, daß sie in zehn Jahren rund 80 Prozent ihres Umsatzes mit Produkten machen, die sie heute noch gar nicht kennen. Intensiv suchen die Firmen weltweit nach neuen

Techniken und Produkten; der menschliche Erfindungsgeist scheint ruheloser zu sein als je zuvor.

Das alles ergibt eine internationale Wirtschaftssituation, die gekennzeichnet ist von zahllosen neuen Technologien, einem scharfen Wettbewerb, einer kurzen Lebensdauer von Produkten, dazu Konsumentenwünsche, die mehr als früher von Werthaltungen geprägt sind.

Auf all diese Herausforderungen und Entwicklungen gibt es seit längerem für österreichische Unternehmen ein magisches Wort als einzige adäquate Antwort: Innovation. „Innovativ müßt ihr sein“, hören die Firmenchefs laufend vorzugsweise von Politikern. Das sei, heißt es, das zukünftige Lebenselixier, das den wirtschaftlichen Erfolg und die Konkurrenzfähigkeit Österreichs sichert.

Oft entsteht dabei der Eindruck, als sei mit Innovation die Entdeckung und Entwicklung eines neuen, sensationellen Produktes gemeint. Eines Produktes, das die Konkurrenz in Staunen versetzt, produziert mit der Technologie von morgen.

Innovation heißt auch tatsächlich, den anderen einen Schritt voraus zu sein, die Nase vorne zu haben. Aber es heißt nicht bloß, einen „Geistesblitz“ zu haben, mit dessen Hilfe man die anderen Unternehmen niederkonkurrenzieren kann. Innovation ist vielmehr ein Prozeß. Das Wort steht für wirtschaftlich erfolgreiche Neuerungen und Erfindungen von der Idee bis zur Vermarktung. Damit ist nicht nur ein schöpferischer Einfall im High-Tech-Bereich gemeint. Innovationen sind auch die kleinen Verbesserungen eines Produktes oder einer Dienstleistung, egal ob sie nun das Ergebnis einer Inspiration oder in monatelangen Sitzungen und Nachdenkphasen entstanden sind.

So gesehen, ist die Menschheitsgeschichte auch voll mit Innovationen; es gibt sie praktisch seit der Erfindung der ersten Werkzeuge. Viele solcher Entwicklungen tragen auch die Namen von Österreichern. „Made in A“ war oft dabei, wenn sich die Welt wieder ein Stück vorwärtsbewegte, auch wenn das oft längst vergessen ist (S. 16 und 17). Trotzdem gibt es gravierende Unterschiede zu früheren Zeiten, als geniale Pioniere versuchten, ihre Ideen in die Praxis umzusetzen. Der Satz „Phantasie ist wichtiger als Wissen“, der Albert Einstein zugeschrieben wird, stimmt nur mehr bedingt.

Unternehmen, die sich heute den Kopf über neue Produkte, neue Anwendungs- und Herstellungsmethoden den Kopf zerbrechen, müssen methodisch gezielt und systematisch vorgehen.

Innovationen sind natürlich nur dann sinnvoll, wenn sie rechtzeitig geschehen. Ein neues Produkt muß schon marktreif sein, wenn beim „alten“ Artikel oder der

Dienstleistung schon Einbrüche voraussehbar sind. So etwas erfordert klarerweise viel Fingerspitzengefühl von Unternehmern.

Dazu gehört aber auch die Bereitschaft, sich Neuem, Unbekanntem zu öffnen und dann den entsprechenden Aufwand zu betreiben, damit die zündende Idee auch Karriere macht.

Der Glaube an den eigenen Erfolg, die richtige Einschätzung der kaufmännischen und technischen Machbarkeit sind weitere

Stichworte einer geglückten Innovation. Das heißt für einen Unternehmer, nicht nur rückläufige Umsätze oder sinkende Marktanteile im Auge zu haben, wenn er sich zu neuen Zielvorgaben entschließt. Neuheiten müssen auch sozusagen zur Firma „passen“. Viele Ideen heimischer Chefs gehen eben nicht, weil sie eher die Phantasie des Erfinders als die jeweiligen Marktbedürfnisse befriedigen. (Nähere Details der „Sündenliste“ für mißglückte Innovationen siehe S. 18.)

Zu diesen Klagen von Unternehmensberatern kommen auch noch externe Schwierigkeiten für Unternehmer. In Österreich herrscht noch immer nicht das beste Innovationsklima. Der Zeitgeist setzt hierzulande nach wie vor lieber auf Sicherheit, wenig Leistungsdruck denn auf Mut zum Risiko.

Dazu kommt das teilweise große Unverständnis der Österreicher gegenüber der Wirtschaft im allgemeinen und der Forschung und Entwicklung im speziellen (S. 15). Das Bewußtsein, daß wirtschaftliches Schritthalten ohne Innovationen und Forschung nicht möglich ist, hat sich noch lange nicht durchgesetzt. Dazu müssen sich Wirtschaftstreibende verstärkt dem Vorwurf aussetzen, daß sie durch ihr Fortschritts- und Wettbewerbsdenken der Gesellschaft Produkte und Entwicklungen aufzwingen, die sie gar nicht braucht. Ein Vorwurf, der so formuliert, sicherlich nicht stimmt. Denn viele Kritiker vergessen einfach, daß technische Innovationen ein oft durch frühere Techniken geschaffenes Problem oder ein unbefriedigtes Bedürfnis erst lösen. Der Umweltschutz ist da das beste Beispiel.

Gerade im Umweltschutzbereich haben österreichische Unternehmen teilweise recht erstaunliche Schritte gesetzt. Sie haben das Problem Umweltverschmutzung als Chance aufgefaßt und damit gezeigt, daß Innovationen letztlich auch die Hilfe zur Selbsthilfe des betrieblichen Uberlebens sind.

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