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LUJO TONCIC-SORINJ „MAMA, WAS IST EIN AUSSENMINISTER?“
„Mama, was ist ein Außenminister?“ fragte ein kleiner Bub seine Mutter, als diese ihm erzählte, sein Großvater hätte mit dem Erzherzog-Thronfolger Franz Ferdinand und dem damaligen Außenminister freund schaftliche Gespräche geführt. „Ein Außenminister ist ein Mann, der aufzupassen hat, daß unserem Land von außen her nichts passiert“, belehrte die Mutter ihren Sohn. Das machte einen großen Eindruck auf den Buben, und er dachte sich, es wäre großartig, auch einmal „s,o ein Außenminister“ zu werden. Heute ist dieser Bub Außenminister der Republik Österreich
Es kommt selten vor, daß eine politische Karriere so folgerichtig auf ein bestimmtes Ziel zuläuft, wie es bei dem 1915 in Wien geborenen Bundesminister für Auswärtige Angelegenheiten, Doktor Luj o T oncic - S orinj, der Fall war. Allein die familiäre Vorbelastung: Der Großvater war im diplomatischen Dienst tätig, der Vater Generalkonsul. Das Studium schuf den idealen Unterbau für eine außenpolitische Laufbahn: Nach der Absolvierung des Gymnasiums in Salzburg studierte Lujo Toncic- Sorinj an der juridischen Fakultät der Universität Wien (Promotion zum Dr. jur. 1938), außer dem Philosophie, Geschichte und Slawistik in Wien und Zagreb.
Die Besetzung Österreichs und der zweite Weltkrieg bildeten eine große Zäsur. Lujo Toncic- Sorinj, der außer seiner Muttersprache noch Englisch, Französisch, Serbokroatisch und Italienisch spricht, wurde als Dolmetscher im Rang eines Unteroffiziers zur Deutschen Wehrmacht, zur Luftnachrichtentruppe, eingezogen. Als er 1945 aus den Kriegs- und Nachkriegswirren zurückkam, mußte er zunächst in Salzburg bleiben, um den Wiederaufbau des zerstörten Familienbesitzes zu betreiben. Seinen Plan, sich zu habilitieren, konnte er deshalb nicht verwirklichen, weil es an der Salzach damals noch keine Universität gab. Als Ersatz, als „Notkonstruktion“, wie er es heute nennt, gründete er gemeinsam mit Doktor Herbert Kraus das „österreichische Forschungsinstitut für Wirtschaft und. Politik“. In der Zeitschrift des Institutes, „Berichte und Informationen“, übernahm T oncic den außenpoliti schen Teil, bis die Politik der Journalistik im Wege stand.
Julius Raab war es, der den Journalisten Toncic-Sorinj veranlagte, in die Politik „einzusteigen“. Vor den Nationalratswahlen 1949 forderte er ihn auf, für den Wirtschaftsbund auf der Liste der Volkspartei an aussichtsreicher Stelle zu kandidieren. Im Hohen Haus war der Aufgabenkreis des jungen Abgeordneten von Anfang an vorgezeichnet. Er arbeitete im Außenpolitischen Ausschuß, dessen Obmann er bald wurde, und 1952 entsandte ihn der Nationalrat als ständiges Mitglied der parlamentarischen Vertretung Österreichs in den Europarat. 1962 und 1963 war er Vizepräsident des Europarates.
„Der Ausgangspunkt jeder realistischen österreichischen Außenpolitik ist die Aufrechterhaltung und Stärkung der Neutralität.“ Der Bundesminister für Auswärtige Angelegenheiten hat erfreulich klare Vorstellungen von den Grundzügen der österreichischen Außenpolitik.
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