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Bankrott
.fiien ne va plus“, heißt es beim Roulette: Juchts geht mehr.“ Auch in Polen geht nichts mehr. Es hätte nicht der Volksabstimmung bedurft und der A bfuhr, die das Volk der Regierung erteilte, um eines zu beweisen: Die Machthaber haben jeden Kredit verspielt. Der immer wieder scheinheilig propagierte .JDialog mit dem Volk“ ist von diesem Volk längst als Farce entlarvt worden.
,JHört auf, geistige Dürre fruchtbar zu machen“, forderte der polnische Satiriker Stanislaw Jerzy Lee schon vor zwei Jahrzehnten.
Der Bankrott in Polen ist vollständig: wirtschaftlich und ideologisch.
Als im „polnischen Oktober“ 1956 der .JÜationalist“ und „Titoist“ Gomulka nach den Stalinisten an die Macht kam, hofften die Polen noch.
Die Hoffnungen wurden enttäuscht.
Als Ende 1970Edward Giere fc durch einen Aufstand der Küstenarbeiter an die Macht kam, hofften die Polen wieder.
Die Hoffnungen wurden enttäuscht.
Als Gierek zehn Jahre später durch einen Arbeiteraufstand gestürzt wurde, stieg der Pegel der Hoffnung sehr hoch: Mit dem .JDanziger Abkommen“ vom 31. August 1980 kam es zu einer Art Gesellschaftsvertrag. Die Gewerkschaftsbewegung Solidarität“ wurde anerkannt. Damals schrieb der Historiker Adam Michnik im Spiegel“: Seit ich das Gefängnis in der Rakowiecka-Straße verlassen habe, seit 15 Tagen, lebe ich in einem anderen Land.“
Der Geheimdienstchef Ka-nia löste Gierek ab, und am 13. Dezember 1981 verhängte General Jaruzelski über sein Land das Kriegsrecht...
Wie sehr Lüge und Betrug zum Wesen dieses Systems gehören, hat der polnische Nobelpreisträger Czeslaw Milosz in seinem Buch „Verführtes Denken“ analysiert.
,JDer unmögliche Dialog“ ist der Titel einer grundlegenden Auseinandersetzung zwischen dialektischem Materialismus und christlicher Weltanschauung, die vom polnischen Theologen Jozef Tischner im Styria-Verlag publiziert wurde. Da schreibt Tischner unter anderem, das einzige Ziel des Marxismus sei es, das gegenwärtige System zu rechtfertigen und seine Fehler als objektive Notwendigkeiten anzuerkennen. Wozu noch Marxismus? fragt Tischner.
Und für wen?
Nach dem Abstimmungsdebakel hat sich Arbeiterführer Lech Walesa der Regierung wieder als Gesprächspartner angeboten.
Weil die Polen wider alle Hoffnung die Hoffnung nicht aufgeben.
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