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Castros Soldaten in Afrika: Kanonenfutter des Kremls?

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Afrikanische Delegierte in der UNO blicken besorgt auf Zaire und Äthiopien, wo die sowjetisch-kubanische Intervention eine gefährliche Situation heraufbeschworen hat. Auch die Chinesen verurteilen den sowjetischen Versuch der „Neokolo-nisierung Akfrikas“ schärfstens und sie prophezeien: „Afrika wird Moskaus Vietnam werden“. Die Chinesen bezeichnen die Kubaner als „Söldner“, und Ostblockberater vergleichen sie mit den britischen „Gurkhas“ der indischen Kolonialzeit.

Erstmals traten die Kubaner in Angola 1975 in Aktion. Sie besetzten das Land, führen seither einen erbitterten Krieg gegen antimarxistische Partisanen und bilden die Katanga-Rebellen aus, die nun schon zum zweiten Mal marodierend in die Provinz Shaba eingefallen sind. Die Kubaner haben Militärpersonal, zivile Ratgeber und Techniker bisher in 15 afrikanische Staaten entsandt: In Angola befinden sich etwa 20.000 kubanische Soldaten und etwa 4.000 „Zivilisten“; in Äthiopien stehen rund 17.000 Mann. Mehrere tausend kubanische Soldaten, Sicherheitsbeamte und zivile Ratgeber sind derzeit außerdem in Mozambique, Madagaskar, Uganda, Libyen, Tansania, Volksrepublik Kongo, Sao Tome und Principe, Sierra Leone, Guinea-Bissau, Benin, Equatorial Guinea, Cape Verde und Algerien stationiert. Insgesamt dürften etwa ein Viertel der kubani-

schen Streitkräfte in Afrika eingesetzt sein.

Was ist das Ziel Fidel Castros in Afrika? Nach seiner Machtübernahme in Kuba versuchten die Sowjets Lateinamerika mit Hilfe der Kubaner zu revolutionieren. Aber in den vergangenen 17 Jahren haben die kubanischen „revolutionären Kräfte“ in Süd- und Mit-Jelamerika versagt. Das Castro-Regime kostet der UdSSR jährlich nicht weniger als 600 Millionen Dollar, wofür die Soldaten der Zuckerinsel offenbar als Ausgleich als Kanonenfutter in Afrika eingesetzt werden. Aus Angola geflüchtete kubanische Deserteure haben gemeldet, daß sie gar nicht gewußt hätten, in Afrika stationiert zu werden.

Der New Yorker Gelehrte Bayard Rustin berichtete, daß zahlreiche afrikanische Führer die kubanische Intervention auf dem schwarzen Kontinent verurteilt hätten. Während der sowjetisch-kubanischen Invasion in Angola sagte Sambias Präsident, Kenneth D. Kaunda: „Ein plündernder Tiger mit seinen tödlichen Bärenjungen kommt durch die Hintertür“. Ein ägyptischer Delegierter in der O AU bemerkte: „Die einzige Sache, die hier zählt, ist die sowjetische Intervention in Afrika“. Präsident Houphouet-Boigny von der Elfenbeinküste: „In weniger als zwei Jahren töteten die Kubaner tausende von Angolanern, unsere afrikanischen Brüder. Sie mordeten kaltblütig.“

Aber wie kann die Sowjetunion mit dem kubanischen Expeditionskorps von 42.000 Mann einen Kontinent, der dreimal so groß ist wie Europa, in ihrem Sinn „kolonisieren“? Eine unmögliche ' Mission! Im strategischen Schachspiel in Afrika muß die UdSSR der Verlierer werden. Dazu ein afrikanischer UNO-Delegierter wörtlich: „Die Sowjets verstehen die afrikanischen Völker überhaupt nicht, die kennen nicht die Demographien, die Religionen, die Stammeskarte, sie kennen ja nicht einmal die afrikanische Geographie und haben keine Erfahrungen in afrikanischen Angelegenheiten ...“

George Sangumba - Sprecher der antimarxistischen Guerillaorganisation UNITA in Angola - erklärte unlängst, daß in zehn Provinzen Angolas (von insgesamt 16) die Kämpfe weiter andauern - solange, wie sowjetische und kubanische Soldaten dort sein würden. Der Leiter der UNITA, Dr. Jonas Savimbi, ergänzte: „Die Afrikaner wollen keine schwarzen Russen werden“.

Laut afrikanischen Quellen starben ungefähr 1000 Kubaner in Angola seit dem Ausbruch der Kämpfe. Castro behauptete, daß er Truppen nach Angola entsandt habe, um gegen die Südafri-

kaner zu kämpfen. In Wirklichkeit kämpfen die Kubaner gegen das angolanische Volk. Und von Äthiopien sind die Südafrikaner weit entfernt. Castro meinte außerdem, ein Viertel der kubanischen Bevölkerung sei schwarz, deswegen sei es die „Pflicht“ Kubas, „den afrikanischen Brüdern zu helfen“. In Kuba gibt es möglicherweise zwei Millionen Schwarze. Aber mit derselben Begründung könnten alle schwarzafrikanischen Länder in Angola, Äthiopien oder Zaire intervenieren;

ja sogar die Vereinigten Staaten und Brasilien.

Man sollte sich nicht wundern, wenn die Einwohner Kubas wegen ihres afrikanischen Engagements verbittert sind. Nicht einmal der beste Agitprop-Agent Castros kann zufriedenstellend einer Mutter, Tochter oder Witwe erklären, die ihren Sohn, Vater oder Ehemann verloren hat, daß das Opfer „ein Held des revolutionären Krieges in Afrika“ gewesen sei.

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