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Giftpfeile gegen das „blockfreie“ Kuba

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Mit den heftigsten Attacken, die je gegen Kuba und gegen Fidel Castro persönlich geführt worden sind, forderte China die Mitglieder der blockfreien Bewegung auf, Kuba, „die Tatze der Sowjetkatze, welche die Bündnisfreiheit unterminiert“, endlich auszuschließen. Die Chinesen haben noch nie so viele „Epitheta omantia“ erfunden wie in diesem Fall: Castro nennen sie unter anderem „einen Strolch“ und Kuba „ein trojanisches Pferd der UdSSR in der blockfreien Bewegung“.

Chinas Wandlung ist bemerkenswert. Anfangs hat Peking die Bewegung als Opponent gegen jeden „Imperialismus, Kolonialismus und Hegemonismus“, sich selbst als „bündnisfreies Entwicklungsland“ bezeichnend, unterstützt. In Peking hat man jedoch früh erkannt, daß die UdSSR, die kein Mitglied sein kann, die Bewegung zu einem Werkzeug der eigenen internationalen Politik umfunktionieren wollte.

Das kubanische Regime und der von Sowjetalmosen vegetierende Castro dienen schon 20 Jahre als Waffe Moskaus gegen den Westen und die USA. In Anbetracht der wiederholten kriegerischen Interventionen ist es überraschend, daß Castro seine Strategie so lange praktizieren konnte. Peking hat ihn ständig mit Giftpfeüen beschossen, besonders in den letzten drei Jahren, als Kuba als „Sowjetsöldner in Afrika“ apostrophiert wurde. Auch Präsident Carter bezeichnete Kubas „Blockfreiheit“ kürzlich als Scherz.

Die frühere afghanische Regierung, die sich bemühte, Kuba aus der blockfreien Bewegung zu entfernen, wurde gewaltsam eines besseren belehrt. Die Blutbäder in den zwei Jemen gehören zum gleichen Kapitel.

In der Presseabteilung der UNO erschien unter der Tarnkappe der amtlichen chinesischen Nachrichtenagentur ein scharfer Kommentar, als dessen Verfasser eine Persönlichkeit aus dem innersten Kreis der Parteiführung, ja sogar des Politbüros, vermutet wird. Vor der Veröffentlichung wurde der Artikel bestimmt vom Außenminister und Politbüromitglied Huang Hua paraphiert, der Jahre hindurch Chinas Botschafter und UN-Repräsentant war. Das Papier aus Peking betont: „Die Sowjetunion hat versucht, die blockfreie Bewegung zu schwächen und in die Sowjetsphäre hinüberzuziehen.“

Seit der 4. Konferenz der Bündnisfreien im Jahre 1973 habe Kuba, im engsten Kontakt mit der Sowjetunion, eine Serie von auf Spaltung abzielenden Operationen ausgeführt. Mittlerweile - so sagt der mysteriöse Kommentator aus Peking - „haben Fidel Castro und eine große Anzahl kubanischer Beamter asiatische, afrikanische, lateinamerikanische und europäische Länder besucht, mit der Mission, als Lobbyisten für die Sowjetunion zu wirken“.

Noch mehr: „1977, als die Sowjetunion mit einer neuen diplomatischen Offensive und neuen expansionisti-

schen Bewegungen in Afrika beschäftigt war, handelte Castro wie ein sowjetischer Verkäufer, hin und her pendelnd, indem er unumwunden die afrikanischen Länder und Völker aufforderte, sich mit der Sowjetunion zu verbünden.“

Der chinesische Kolumnist erinnerte an die Interventionen in Angola, am Horn von Afrika, in Zaire. Kuba versuche, bewaffnete Konflikte zwischen den bündnisfreien afrikanischen, Ländern zu provozieren und innerhalb der Länder interne Differenzen auszunutzen, um dadurch den Weg für eine kubanische Intervention im Dienste der UdSSR zu eröffnen.

Die Chinesen klagen Moskau und Havanna an: „Sie versuchen die Spaltung der blockfreien Bewegung, indem sie in progressive, konservative und reaktionäre Gruppen aufteilen.“ Tatsächlich ist die blockfreie Bewegung heute weit entfernt von Homogenität, was noch nie so deutlich zum Vorschein kam wie während der Belgrader Beratungen.

Es ist klar, daß die blockfreie Bewegung sich vom „kubanischen Trojanischen Pferd“ im Interesse aller Entwicklungsländer befreien sollte. In Belgrad gelang es nicht! So droht die nächste Konferenz der Staats- und Regierungschefs der blockfreien Länder, die in Havanna stattfinden soll, - dank der kubanischen „Bündnisfreiheit“ - mehr als ein Scherz, nämlich ein ernster Irrtum zu werden.

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