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Wackelkontakt mit Kuba

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Kissinger hat die Abhaltung einer dreitägigen „Internationalen Solidaritätskonferenz mit Puerto Rico“ unter Teilnahme von 300 Delegierten aus 75 Ländern in Havanna einen „unfreundlichen Akt“ und eine „ungerechtfertigte Einmischung in die internen Angelegenheiten der USA“ genannt und von einem „ernsten Rückschlag“ in dem Normalisierungsprozeß mit Kuba gesprochen.

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Kissinger hat die Abhaltung einer dreitägigen „Internationalen Solidaritätskonferenz mit Puerto Rico“ unter Teilnahme von 300 Delegierten aus 75 Ländern in Havanna einen „unfreundlichen Akt“ und eine „ungerechtfertigte Einmischung in die internen Angelegenheiten der USA“ genannt und von einem „ernsten Rückschlag“ in dem Normalisierungsprozeß mit Kuba gesprochen.

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Seitdem diese Insel 1398 an die Vereinigten Staaten abgetreten wurde, hat es auf ihr Kämpfer für die völlige Unabhängigkeit gegeben, Kämpfer, die durch Terrorakte in den USA Aufsehen erregten und die jetzt großteils castristisch eingestellt sind. 60 Prozent der Wähler sprachen sich 1967 für den derzeitigen Commonwealth-Status aus. Die „Befreiung“ Puerto Ricos gehört in den Trend der Entkolonialisierung, bildet aber für das amerikanische State-Department kein akutes Problem. Entsprechend seinem politischen Standort erklärt Kissinger, daß diese Auseinandersetzung nur die USA angehe, während der kubanische Präsident Dorticös die Meinung vertritt, daß der lateinamerikanische Halbkontinent für die Befreiung eines seiner Länder Vom „kolonialen Joch“ zu kämpfen habe.

Jedenfalls muß man bei der Beurteilung der kubanischen Haltung zwischen Solidaritäts-Kundgebungen und der aktiven Unterstützung von Terroristen unterscheiden. Auf gefährliche Intervention deutet die Ausweisung von drei kubanischen Diplomaten durch die französische Regierung hin. Diese Diplomaten sollen enge Beziehungen zu dem weltweit gesuchten Terroristen „Carlos“, alias Ilich Ramirez, unterhalten haben, der zwei Agenten der französischen Gegenspionage und einen Libanesen, der ihn denunziert hatte, erschossen hat.

Die Mehrheit der lateinamerikani-chen Länder steht — im Gegensatz zu Chile, Paraguay und Uruguay — auf dem Standpunkt, daß Fidel Castro sich trotz theoretischer Solidaritätserklärungen jeder aktiven Unterstützung subversiver Kräfte enthalte. Nachdem die „Organisation Amerikanischer Staaten“ („OAS“) aus diesem Grunde den — im übrigen längst durchbrochenen — Blockadebeschluß aufgehoben hatte, fuhr „man“ wieder nach Havanna. Den Präsidenten aus der Nachbarschaft, aus Guayana, Trinidad-Tobago und Jamaika, folgten aus Afrika Keneth Kaunda und aus Europa der schwedische Ministerpräsident Olof Palme.

In den Beziehungen zu den USA ist eine beiderseitige Entspannung zu beobachten. Kuba hat der nordame-rikanischen Luftlinie „Southern Airlines“ zwei Millionen Dollar zurückgegeben, die sie als Lösegeld für die Rückgabe eines entführten Flugzeuges gezahlt hatte. Washington hob die Blockademaßnahmen zum Teil auf. Die Tochterfirmen r.ordamerikanischer Unternehmen dürfen jetzt mit Kuba Handel treiben, eine Ermächtigung, die Perön für die Auto-flrmen in Argentinien mit der Drohung, sie sonst zu enteignen, schon 1974 erkämpft hat. Drittländer, welche die USA vergeblich zur Teilnahme an dem Boykott zu zwingen versucht hatte, können jetzt ihre Schiffe und Flugzeuge auf dem Wege nach Kuba wieder in den USA versorgen.

Aber die Wiederaufnahme normaler wirtschaftlicher und diplomatischer Beziehungen zwischen den USA und Kuba wird noch auf sich warten lasen. Fidel Castro verlangt, daß vor den Verhandlungen alle Blockademaßnahmen aufgehoben werden. Das State-Department fordert, daß Castro für die 1959 enteigneten nordamerikanischen Unternehmen Entschädigung leiste. Dabei handelt es sich vor allem um die „international Telephone und Telegraph“ („ITT“), die Hotelkette „Hil-ton“ und die „International Petroleum Company“. Die Forderung der USA beträgt 1960 Millionen Dollar. Fidel Castro hält dagegen, daß er eine höhere Gegenrechnung für Blockadeschäden und den Besitz kubanischen Bodens — die USA-Base Guantanamo — vorlegen könne. Doch scheint er zu Konzessionen bereit zu sein.

Der Handelskrieg ist nun auch zwischen den USA und Kuba zu Ende. Die Stimmung spricht auf beiden Seiten für die Entspannung. Aber die vielzitierte „kubanische Würde“ und die nordamerikanischen „Entschädigungsansprüche“ lassen ein hartes Ringen um die Bedingungen der „Normalisierung“ erwarten.

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