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Verbot für Kopftücher?

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Die aktuelle Auseinandersetzung um das Tragen von Kopftüchern moslemischer Mädchen in österreichischen Schulen zeigt an einem praktischen Beispiel, daß das Zusammenleben verschiedener Kulturen und Religionen doch nicht so einfach und harmonisch ist und sein kann, wie dies edle Menschenfreunde, deren Kenntnis der Realität nicht mit ihrer Gesinnung Schritt hält, annehmen.

Zum Glück ist diese Diskussion nur ein Schatten der heftig geführten Diskussion in Frankreich, wo das Tragen des Tschador gegen den dort vorherrschenden Laizismus verstößt und daher auf Ablehnung stößt. Doch auch die kleine Diskussion, die jetzt in unserer kleinen Welt stattfindet, hat trotz aller Unterschiede zu Frankreich einen verwandten Hintergrund.

Es geht darum, daß Angehörige eines bestimmten Kulturkreises im Ausland zwar ihre Religion ausüben dürfen sollen, im übrigen aber verhalten sein sollen, sich den Sitten des Gastlandes anzu-

Eassen und sich zu assimilieren, esonders wenn sie österreichische Staatsbürger sind oder werden wollen.

Es ist völlig unbestritten, daß zum Beispiel die Mehr-Ehe, die in manchen arabischen Ländern erlaubt und vom Islam aus gestattet ist, dem der öffentlichen Ordnung widerspricht und daher keinen Platz in unserer Rechtsordnung und Gesellschaft hat.

Ähnliches muß aber auch für öffentlich geübte Gebräuche gelten, zumal die Billigung dieser ein Präjudiz für andere Abweichungen, so die von uns verschiedene Behandlung von Frauen, schafft und Beispielswirkung hat.

Man sollte sich aber auch an den Grundsatz der Reziprozität, der im Völkerrecht eine große Rolle spielt, halten, und sich anschauen, wie frei beziehungsweise unfrei Christen in manchen islamischen Ländern sind, auch nur ihre Religion auszuüben, geschweige denn in einer Weise, die als provozierend empfunden würde, öffentlich in Erscheinung zu treten.

Deshalb ist in dieser Frage Vizekanzler Busek zuzustimmen, der sich gegen den Zwang zum Tragen des Kopftuchs in Schulen, den moslemische Vertreter ausüben, wendet. Bei aller Gemeinsamkeit des Monotheismus, die Christen und Moslems verbindet, sind doch die religiösen, aber auch die kulturellen Unterschiede nicht zu übersehen und die Lösung kann nicht darin liegen, daß die Christen mohammedanischen Vorstößen, die vielleicht nur Versuchsballons auch einer stärkeren Expansion und Missionierung sind, gegenüber zurückweichen, um nur ja tolerant zu erscheinen.

Toleranz beruht immer auf Gegenseitigkeit und kann nicht bedeuten, daß man auf die Wahrung der prägenden Traditionen des eigenen Landes und der christlichen Wertordnung, die universal und pluralistisch genug ist, verzichtet.

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