Glaubensschwächeln

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Wer ist für die Schwächung der Substanz des christlichen Glaubens verantwortlich? Der Islam? Oder nicht eher die Christinnen und Christen selbst? Ein Gastkommentar von Regina Polak.

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Wer ist für die Schwächung der Substanz des christlichen Glaubens verantwortlich? Der Islam? Oder nicht eher die Christinnen und Christen selbst? Ein Gastkommentar von Regina Polak.

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Österreich steht vor der Herausforderung, die kulturellen und religiösen Veränderungen im Sinne friedlichen Zusammenlebens zu gestalten. Konflikte werden vor allem mit Blick auf die Koexistenz mit der – heterogenen – Gruppe der Muslime virulent. Laut einer Studie der Universität Salzburg ist die Mehrheit der österreichischen Bevölkerung der Ansicht, dass der Islam „eher nicht zu Österreich­ gehört“: 45 Prozent der Befragten meinen, dass Muslime „nicht die gleichen Rechte haben sollten wie alle in Österreich“. Diese Stimmung verdankt sich vor allem jenen (zu) vielen Meinungsmachern in Politik und Medien, die aufgrund von Phantasielosigkeit und Ressentiment keine andere Deutung kultureller und sozialer Verteilungs- und Machtkonflikte kennen als deren pauschale Interpretation als „Kulturkampf“. Bei diesem stünden christliche und europäische Werte den islamischen Werten diametral und unvereinbar gegenüber. Dieser Konflikt schwäche Europa und führe zum Untergang des christlichen Abendlands, so das Bedrohungsszenario.

Die Österreichische Wertestudie 2018 bestätigt diese angebliche Dichotomie zwischen „den“ Österreichern und „den“ Muslimen freilich nicht. Zwar zeigen sich zahlreiche Verwerfungen im Umfeld von Religionen; die Konfliktlinien verlaufen aber nicht zwischen Christentum und Islam, sondern zeigen sich zwischen Menschen mit hohem und geringem bis keinem religiösen Selbstverständnis; zwischen jenen, die Religion als öffentliche und jenen, die Religion (bestenfalls) als private Angelegenheit betrachten. (Potenzielle) Konflikte lassen sich zwischen Frauen und Männern, zwischen junger und älterer Bevölkerung sowie zwischen städtischer und ländlicher Bevölkerung erahnen. Trotz intensiverer Religiosität der muslimischen Befragten finden sich Christen und Muslime in allen demographischen Gruppen.

Erosion christlicher Überzeugungen

Zudem belegte bereits die Europäische Wertestudie 2010, dass Menschen, die sich einer christlichen Konfession zuordnen, höhere Werte bei Autoritarismus, Homophobie und Fremdenfeindlichkeit aufweisen als nicht konfessionell Gebundene. Zugleich bezeugen die Wertestudien seit Jahrzehnten europaweit und in Österreich eine konstante Erosion der Zustimmung zu genuin christlichen Überzeugungen wie dem Glauben, dass Jesus der Sohn Gottes ist, dem Glauben an die Auferstehung oder das Kommen des Reiches Gottes.

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