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Digital In Arbeit

Verlust der Sparsubstan\

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Das Argument für die Besteuerung der Sparerträge an der Quelle (also bei den Banken und Sparkassen) war stets, daß nur so gewährleistet werden könne, daß solche Einkommen ebenso versteuert werden wie ein mit Arbeit erzieltes Einkommen. Es sei eine Frage der Gerechtigkeit, daß jemand, der sein Geld für sich arbeiten läßt, (zumindest) gleich viel Steuer zahlt wie jemand, der sich seinen Lebensunterhalt im Schweiße seines Angesichts verdient.

Das ist grundsätzlich richtig, wenn man die Sparguthaben als Mittel zur Erzielung von Einkommen ansieht. Auch ist nicht daran zu rütteln, daß die Verheimlichung dieses Einkommens im Rahmen der geltenden Steuergesetze Steuerhinterziehung war und bleibt.

Nur: Wie viele der 15 bis 20 Millionen Sparbücher werden zu diesem Zweck gehalten? Die meisten werden — das wissen wir alle auch ohne umfassende Marktforschung

— als kleine Reserve für Notzeiten bzw. als Ansparkonto für kommende Anschaffungen gehalten. Und in beiden Fällen erscheint es legitim zu fordern, daß die dafür gebildete Substanz, sprich: der reale Wert des Guthabens, zumindest erhalten bleibt.

Das aber war und bleibt in vielen Fällen nur durch — sprechen wir es offen aus — Steuerhinterziehung, also der Nicht-Deklarierung des Sparbuches, möglich. Die immer wieder hochgejubel- ten Freibeträge bei der Einkommen- und Vermögensteuer haben bei weitem nicht ausgereicht, um jemandem, der auf eine Wohnung spart und auch vor dem Fiskus ein ehrlicher Mensch bleiben wollte, auch nur die Erhaltung seiner Sparsubstanz zu gewährleisten. Dazu ein einfaches Rechenbei- ^ spiel:

Von sieben Prozent Zinsen

— derzeit zweifellos das Höchste der Gefühle — bleiben bei einem Grenzsteuersatz (also dem Steuersatz, zu dem jeder zusätzliche Tausender versteuert wird) von 51 Prozent — und dieser kommt bereits bei einem Jahreseinkommen ab 250.100 Schilling zur Anwendung! — nur mehr die Hälfte, also 3ß Prozent. Ein Prozent frißt die Vermögensteuer, d• h., daß der tatsächliche Nettoertrag von 2ß Prozent den Verlust durch die Geldentwertung nicht mehr wettmachen kann.

Die Steuerfreibeträge — 7000 Schilling für die Zinserträge und 150.000 Schilling beim Vermögen — reichen zumindest bei jemandem, der auf eine Wohnung spart und nicht für Familienmitglieder zusätzliche Freibeträge in Anspruch nehmen kann, nicht aus, um diese Rechnung ins Gegenteil zu kehren.

Nationalökonomen und Juristen werden sich möglicherweise mit Grausen von einer derartigen Betrachtung einer Besteuerung der Sparzinsen abwenden. Mir erscheint sie nicht weltfremd.

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