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Zinsertragsteuer

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Das derzeit am häufigsten verwendete Argument für eine eigene, gleich von den Banken abzuziehende (Quellen) Steuer auf die Zinsen von Sparguthaben ist, daß Zinsen ein Einkommen wie jedes andere und daher auch wie jedes andere Einkommen zu versteuern seien. Es sei nicht einzusehen, daß jemand, der sein Geld in einem Unternehmen investiert, für die daraus fließenden Erträge Steuer zahlt, nicht aber der, der sein Geld risikolos auf die Bank legt.

Vom Standpunkt der Steuersystematik ist dagegen wenig einzuwenden. Großzügig übergangen wird dabei freilich das Faktum, daß bei Nominalwerten, wie sie Sparguthaben darstellen, die Erträge auch dazu dienen, den Wertverlust durch Inflation wettzumachen. Bei zwei Prozent Inflation zum Beispiel brauche ich schon zwei Prozent Verzinsung, um meine Vermögenssubstanz zu erhalten. Es handelt sich bei diesen zwei Prozent Zinsen also zwar um Einkommen im steuertechnischen, nicht aber im materiellen Sinn.

Während bei einer Geldanlage im Unternehmen alles, was der Substanzerhaltung dient (beispielsweise Investitionen in den Maschinenpark), den Gewinn mindert und damit unversteuert bleibt, würde eine Quellensteuer auf Sparzinsen auch die reine Substanzerhaltung (also den Inflationsausgleich) besteuern.

Dazu ein kleines Rechenbeispiel: Wer heute 100.000 Schilling zum Eckzinssatz von 2,625 Prozent veranlagt hat, bezieht für die Steuer (von Freibeträgen jetzt einmal abgesehen) ein Einkommen von 2.625 Schilling und müßte — so er sein Konto deklariert — auch für diese 2.625 Schilling Einkommensteuer zahlen.

In Wahrheit wird er aber allein 2.250 Schilling brauchen, um den für 1988 zu erwartenden Inflationsverlust auszugleichen. Wenn also beispielsweise 20 Prozent Quellensteuer von den 2.625 Schilling Zinserträgen (= 525 Schilling) abgezogen würden, könnte unser Eckzinssatzsparer nur weinend zusehen, wie sein Vermögen kleiner wird.

Apropos Vermögen: Die Situation verschlechtert sich für den Sparer noch drastisch, stellt man in Rechnung, daß er — von Freibeträgen wieder abgesehen — ja korrekterweise auch ein Prozent Vermögensteuer von seinen 100.000 Schilling (also 1.000 Schilling) zahlen müßte.

Wie ja überhaupt der Aspekt der Vermögensteuer (in der Folge auch der Erbschafts- oder Schenkungssteuer), die bei einer Aufgabe der Anonymität unweigerlich zu zahlen wäre, in der gesamten Diskussion bisher viel zu wenig berücksichtigt wurde.

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