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Weg zum Licht
Einer der bedeutendsten Österreicher, einer der größten Maler unseres Jahrhunderts - Oskar Kokoschka - starb 94jährig in der Schweiz.
1886 in Pöchlarn in Niederösterreich geboren, 1905 bis 1909 Schüler an der Wiener Kunstgewerbeschule, Verehrer von Gustav Klimt und Franz Cizek, bekannte er, dem seine Heimat lange Ruhm und Anerkennung und vorübergehend selbst die Lebensbedingung verweigert hatte, sich zur österreichischen barocken Maltradition.
In den Anfängen, zehn Lithographien zu „Die träumenden Knaben", noch der Wiener Seces-sion verpflichtet, schuf er 1909 im „Stilleben mit Hammel und Hyazinthe" eine der Inkunabeln des Expressionismus. Parallel dazu verfaßte Kokoschka Dichtungen; sein erstes expressionistisches Theaterstück, „Mörder, Hoffnung der Frauen", wurde bereits 1909 in Wien uraufgeführt und 1920 von Paul Hindemith vertont.
Die Elemente Farbe und Linie ergänzen einander gleichrangig in Kokoschkas Frühwerk, das expressionistische und psychologi-sierende, spontane und reflektierende Züge trägt. Die intensive Liebesbeziehung zu Alma Mahler -1911 bis 1914-läßt Büder höchster Dramatik, wie die „Windsbraut" (1914), entstehen.
1917 verließ er endgültig Wien und ging nach Dresden, wo er von 1919 bis 1924 eine Professur innehatte. Danach verlegte er seinen Wohnsitz nach Paris, 1934 nach Prag, dazwischen kam es zu seinen großen Reisen durch Europa und damit zu den berühmten Stadt- und Strom-Panoramen: Dresden und Prag, Florenz, Venedig, Genua, Paris, Marseille, London; später Hamburg, Bremen, Wien, Salzburg, Linz und eine Gruppe orientalischer Motive. Mit der Zuwendung zur Landschaftsdarstellung veränderte sich auch Kokoschkas Auffassung vom Bildraum: es ist die panoramahafte Weite des Blickfeldes, die er durch extreme Bewegtheit, Zerdehnungen und Ubersteigerungen der Perspektive erlangte.
1937 in Deutschland zum „entarteten" Künstler erklärt, floh er im folgenden Jahr mit seiner späteren Frau Olda Palkovskä von Prag nach London, wo er sich in Emigrantenvereinigungen politisch engagierte.
Auf Initiative des Galerie- und Verlagsherrn Friedrich Welz, dessen Tod rst wenige Tage zurückliegt, kam er nach Salzburg und leitete hier von 1953 an, für zehn Jahre die „Schule des Sehens" an der Internationalen Sommerakademie.
Wie Oskar Kokoschka in seinen Darstellungen des Individuums zur Schau auf den Menschen schlechthin, von der jede Einzelheit durchströmenden Kraft und Bewegtheit zur Vision des organischen Lebens als Ganzes gelangte, wie jede seiner Landschaften nach Fritz Schmalenbach „Weltausschnitt" bedeutet, so führte das Dasein des Malers, des Dichters, des Menschen vom Dunkel in das Licht, aus der finsteren dämonischen Leidenschaft in die alles überstrahlende geistige Lu-minosität.
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