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Katholiken und ÖVP

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Kirche und Sozialismus, Katholiken und SPOe, das scheint in Oesterreich ein stehendes Thema geworden zu sein. Am vergangenen Sonntag hat der Bischof-Koadjutor von St. Pölten, Dr. Zak, auf einem Diözesantag der Katholischen Aktion ebenfalls über diese Frage gesprochen. Er hat sich dabei unter anderem auch auf Ausführungen von Bischof Rusch aus Innsbruck berufen, der vor einigen Wochen vor katholischen Arbeitern darüber Erklärungen abgab.

All dies mag den Eindruck erwecken, als ob die Kirche, als ob die österreichischen Katholiken mit wachem Interesse, mit noch immer begründeter Sorge und mit einem gelegentlich man Zug um Zug entwertet. Aber unabhängig von allen theoretisch-gesellschaftswissenschaftlichen Grundlagen ist doch die Volkspartei eine politische Realität. Warum also hört man von zuständiger katholischer Seite eigentlich so wenig über das Verhältnis der Katholiken zu dieser Partei, während man auf der anderen Seite das Thema Kirche und Sozialismus, Katholiken und SPOe anscheinend nicht ausschöpfen kann? Soll das heißen, daß die österreichischen Katholiken, die anscheinend nur gebannt auf die Entwicklung der SPOe starren, sich von dieser Seite allein die Gestaltung der Zukunft erwarten? Soll es heißen, daß sie die Volkspartei für innerlich so immobil halten, daß sie von ihr keinen befreienden Schritt mehr erhoffen? Oder könnte man schließlich dieses Schweigen auch so verstehen: die Katholiken wären mit der Volkspartei wunschlos glücklich und fänden dort alles aufs beste geordnet?

gedämpften Optimismus die Entwicklung dieser und nur dieser Partei in Oesterreich betrachteten.

Haben die Katholiken über die Volkspartei und ihren Weg nichts zu sagen? Schließlich ist die Volkspartei noch immer die erste Regierungspartei des Landes und für einen Großteil der Katholiken, wenn auch gewiß nicht für alle, die Partei ihrer Wahl. Nun kann man gewiß bei der Volkspartei mit keinem -ismus operieren. Es gibt keine soziale, politische oder wirtschaftliche Bewegung, die ihr ebenso kongruen wäre wie der Sozialismus der SPOe. Auf den Kapitalismus beruft man sich nicht und den Solidarismus, das Schlagwort von 1945, hat.

Tatsache ist, daß, während landauf und landab von der Reform der-Volkspartei geschrieben und geredet wird, während Kreise und Kreiselchen, Bünde und Stammtische, Organisationen und Kaffeehausrunden, Liberale und Nationale, Linke und Rechte sich mit einer Umgestaltung und Neugestaltung der Volkspartei befassen, von katholischer Seite bisher eigentlich nichts gesprochen wurde. Haben wir wirklich nichts dazu zu sagen? Haben wir Angst, man könnte uns jedes Wort wieder falsch auslegen? Unser Reden und unser Schweigen? Für Dolchstoßlegenden waren bisher in Oesterreich die Katholiken immer ein probates Objekt. Auch Bischof-Koadjutor Dr. Zak, dessen Worten schon deswegen große Bedeutung beizumessen ist, da er ja gleichzeitig Sekretär der österreichischen Bischofskonferenz ist, mag an solche Dolchstoßlegenden gedacht haben, als er am Sonntag in seiner Rede erklärte, immer, wenn eine Wahl für eine Partei schlecht ausgehe, gebe man der Kirche schuld, weil sie entweder zuviel oder zuwenig in die Politik eingegriffen habe. Bischof Zak sagte nicht, von welcher Partei dieser Vorwurf kam, doch läßt der Hinweis auf die verlorenen Wahlen die Richtung dieses Vorwurfs nicht schwer erkennen. Nun stehen wir in wenigen Wochen wieder vor Wahlen in Oesterreich, vor Landtagswahlen in Wien und Vorarlberg, vor Gemeinderatswahlen in Salzburg, vor Arbeiterkammerwahlen. Vielleicht haben die Katholiken bisher geschwiegen zur Krise in der Volkspartei, weil sie sich eben diesen Vorwurf ersparen wollten, im ungeeigneten Moment in die Debatte eingegriffen zu haben. Demnach dürfte nach diesen Wahlen der Zeitpunkt gekommen sein, um von katholischer Seite zu den Vorgängen in der Volkspartei ein Wort zu sagen. Ein Wort der Sorge, vielleicht auch ein Wort zur Klarheit, immer aber ein Wort der Freundschaft und ein Wort der Hoffnung, daß die Krise, in der sich diese Partei nach den Worten ihrer maßgebenden Funktionäre befindet, eine Krise des Wachstums und eine Krise der Gesundung sein möge. Solange die Katholiken in Oesterreich den Anspruch erheben, eine der gcmeinschaftsbildenden Kräfte in diesem Lande zu sein, so lange werden sie an der Entwicklung der Parteien, nicht nur der Sozialistischen Partei, sondern gerade der Volkspartei, die ja doch — unter Ablehnung jedweden Monopolanspruches — die Partei eines Großteils der österreichischen Katholiken ist, mit Interesse, mit Sorse. mit Mitgefühl und mit Hoffnung Anteil nehmen. Und sie werden zu dieser Entwicklung gewiß auch etwas zu sagen haben.

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