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Der bayrische Wirtschaftsmindster Schedl nannte zu Beginn dieses Jahres in einem Vortrag vor dem Export- Club in Nürnberg einige Zahlen und Fakten, die das Projekt in seiner Gesamtheit charakterisieren. Er wies dabei ebenfalls auf die unterschiedliche Beurteilung der Binnenwasserstraßen hin, über deren Existenzberechtigung im Zusammenhang mit dem technischen Fortschritt und über deren Einordnung in die gesamte Verkehrswirtschaft der Gegenwart die Meinungen aus- einandergingen. Am Beispiel Frankreichs und Rußlands versuchte er jedoch zu zeigen, daß die Binnenschiffahrt auch heute unentbehrlich sei. „Mit den ständig steigenden LeberisänsprütheM einer "3lfbifitäht wachsenden Bevölkerungszahl werden die großen Adern für den Massengüterverkehr sogar wichtiger“.

Schedl sieht in der Erschließung des Ostmarktes durch den Rhein- Main-Dciniau-Kanal einen beinahe lebenswichtigen Fortschritt für Bayern, das durch seine Randlage im EWG-Gebiet in eine schwierige Situation geraten ist. Früher bot sich das Ruhrgebiiet als zahlkräftiger Abnehmer der bayrischen Agrarpolitik an. Heute ist diese Zeit vorbei, und der Wirtsehaftisminisiter sucht neue Kunden. „Alles deutet also darauf hin, daß sich der Konkurrenzkampf auf den Ostmärkten verschärfen wird, daß aber auch das Handelsvolumen in Zukunft eine erhebliche Ausweiterung erfahren kann und wird.“ Schedl erwähnte in diesem Zusammenhang ein Gutachten, das das Verkehrsaufkommen des Kanals nach einer gewissen Anlaufzeit mit 16 Millionen Tonnen jährlich veranschlagt habe. Es sei aber durchaus möglich, daß sich dieses Volumen rasch auf 20 bis 25 Millionen Tonnen jährlich erhöhe. Als Beispiel nannte er die Caltex-Raffi- nerie, die ursprünglich nur 0,5 Tonnen der von ihr hergestellten Produkte auf dem Main verschiffen wollte. Inzwischen aber erfolge allein bei diesem Werk ein jährlicher Umschlag von 1,5 Millionen Tonnen durch Binnenschiffe.

Auch Österreich habe aus verständlichen Gründen ein besonderes Interesse am Europakanal. Eine engere, vertraglich gesicherte Zusammenarbeit Österreichs mit der EWG, etwa durch eine Art der Assoziierung, würde die bestehenden Handelsströme noch fühlbar verstärken. „Vor allem der an der Donau gelegene wichtigste österreichische Industrieschwerpunkt Linz ist eine der ent- seheddensten Voraussetzungen dafür, daß ein nicht unerheblicher Teil des Güterumtausches auf dem Wasserweg erfolgen wird.“ Die Prognose eines Studienkreises, die vier Millionen Tonnen jährlichen Verkehrsaufkommen auf der deutschen Kanalstrecke im Österreichverkehr verheißt, erscheine unter Berücksichtigung einer gewissen Anlaufzeit kei neswegs utopisch. Abschließend beschäftigte sich der Minister noch mit einigen technischen Fragen. Zur Befahrung sei der sogenannte Europakahn mit 1350 Tonnen Ladekapazität vorgesehen. Er halte es jedoch für unumgänglich, daß die Binnenschifffahrt auch den wachsenden Contai nerverkehr berücksichtige. Das Problem der Kühlschifiahrt auf Binnenwasserstraßen harre ebenfalls einer Lösung, und ex sei beredt, bei der Schaffung von Kühlschiffen tatkräftig mitzuhelfen.

Olympisches Programm

Nicht unerwähnt ließ Schedl das nordöstliche Konkurrenzunternehmen. Der Oder-Donau-Kanal soll bekanntlich oberhalb Preßburg in die Donau münden und für Schiffe bis zu 1000 Tonnen Nutzlast bereits 1978 befahrbar sein. „Es liegt auf der Hand, daß eine Oder-Donau-Waeser- straße nicht nur die wirtschaftliche Verknüpfung innerhalb der COME- CON-Staaten erheblich stärken wird. Wenn eine durchgehende Rhein-Main-Donau-Verbindung fehlt, werden Verkehrsabwanderungen großen Ausmaßes die Folge sein. Dann könnte die Donau oberhalb Preßburgs sogar zur Funktion eines Stichkanals von mehr oder minder lokaler Bedeutung herabsinken.“

Auch unter diesem Gesichtspunkt gilt es somit als Gebot der Stunde, die durchgehende Rhein-Main- Donau-Schiffahrtsstraße so schnell wie möglich zu verwirklichen. Bayern scheint dafür garantieren au wollen. Und das unmittelbar interessierte Regensburg möchte das Projekt sogar ins olympische Feuer rücken: Die Stadt will sich beim Olympischen Komitee als Austragungsort für die Ruderwettbewerbe der Sornmer- olympiade 1972 bewerben. Voraussetzung dafür ist, daß die Staustufe des Rhein-Main-Donau-Kanals bis 1971 fertiggestellt wird.

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