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Transport mit Rohren

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„Mit 100 Millionen Schilling sind wir nicht nur Österreichs größte GmbH., sondern auch das größte Transportunternehmen, sogar mit eigenen Lagerhäusern.“ Dieser bei der Pressekonferenz in Villach am 4. August dieses Jahres anläßlich des symbolischen Spatenstiches der Adria-Wien-Pipeline (AWP) ausgesprochene Satz stimmt. Selbst unter den Aktiengesellschaften Österreichs würde die AWP mit unter den ersten figurieren, und die Lagerhäuser sind tatsächlich vorhanden: Vier Öltanks mit je 50.000 Kubikmeter Inhalt stehen in Würmlach, wo das öl von der Transalpinen Ölleitung (TAL) abgezweigt wird. Es ist vornehmlich für Schwechat bestimmt, kommt aus Übersee via Triester Hafen und erreicht in Würmlach (Kärnten) die österreichisch-italienische Grenze.

Die AWP-Direktoren Dr. H. Kiefer und Ingenieur K. Zauner umrissen die Vorarbeiten, die der Gründung der Gesellschaft vorangegangen waren und die sich auf die Tatsache Stützten, daß die österreichische Rohölförde- rung seit 1960 rückläufig ist, daß dieser Energieträger jedoch sprunghaft steigt, nicht nur absolut, sondern auch, trotz zunehmender Wasserkraftwerke, auch relativ. 1962 traten die ersten Expertenteams zusammen, verschiedene Trassen für die Ölleitung direkt aus Triest aber auch aus Süddeutschland über Linz wunden studiert und wieder verworfen, die beste Lösung bot sich durch das Anzapfen der seit mehr als einem Jahr funktionierenden TAL an. Aus Vorträgen der ÖMV (österreichische Mineralölverwaltung) mit sechs führenden in Österreich vertretenen ausländischen Mineralölgesellschaften entstand 1967 die AWP, an der die ÖMV mit 51 Prozent, Shell mit 14,5, Mobil mit 12,5, BP mit 7,5, Esso

mit 6,5 und Agip beziehungsweise Total mit je 4 Prozent beteiligt sind. Unter Einschaltung eines für den Bau von Rohrleitungen spezialisierten amerikanisch-deutschen Ingenieurbüros wurden im Vorjahr bereits detaillierte Pläne erstellt und die vorbereitenden Arbeiten so weit vorangetrieben, daß mit dem am 5. August 1968 erfolgten symboli-

sehen Spatenstich der Abschluß der Planungen markiert werden konnte. Bis zum Herbst dieses Jahres hofft man, alle Bescheide der Landesregierungen erhalten zu haben, dann erst wird man das zum Bau benötigte Material möglichst bald ausschreiben. Innerhalb eines Jahres, also praktisch 1969, soll das Werk vollbracht und 1970 in Betrieb genommen werden.

Die AWP ist 418 Kilometer lang, der Rohrdurchmesser beträgt 46 Zentimeter, die Grabentiefe 1,5 Meter, die Überdeckung des Rohres 'normalerweise 1 Meter, 35.000 Stück Rohre mit 31.000 Tonnen Gewicht werden verlegt, der höchste Punkt der Leitung wird auf der Koralpe mit 1350 Meter liegen. Die Beförderungskapazität der Pipeline wird zu Beginn fünf Millionen Tonnen jährlich, im Endausbau zehn Millionen Tonnen pro Jahr betragen. Zu Beginn des Betriebes stehen fünf Pumpstationen, im Endziel deren elf zur Verfügung, der Energiebedarf wird bei Fertigstellung 40.000 PS betragen. Die Kosten des ganzen Projektes belaufen sich auf 1,6 Milliarden Schilling, das Grundkapital der Gesellschaft wurde heuer von 27 Millionen Schilling auf 100 Millionen Schilling aufgestockt, 80 Millionen Schilling kosteten die bisherigen Planungen einschließlich der erwähn-

ten umfangreichen Vorstudien, was in Anbetracht der Vielfalt der Aufgaben durchaus angemessen erscheint.

Die Finanzierung des Projektes erfolgt, ähnlich wie bei der TAL, mit einem Viertel Eigenkapital und drei Viertel durch internationale Anleihen bei einer Vielzahl von europäischen, darunter auch österreichischen Großbanken Erfahrungsgemäß werden solche Anleihen gut placiert, da die internationale Finanzwelt Vertrauen zu Österreich hat. Mit 130 Gemeinden wurden in 100 Verhandlungstagen Verhandlungen geführt, 9000 Grundstückseigentümer mußten aufgesucht und überzeugt werden, es ergaben sich jedoch nirgends größere Schwierigkeiten. Im Zuge der gesamten Trassenlänge wird die Eisenbahn einundzwanzigmal, werden Bundes- und Landesstraßen einhundertzehnmal, Gemeindestraßen und Wege sechzigmal, Flüsse und Bäche einhundertachtzigmal gekreuzt. Dazu kommen 350 Entwässerungsanlagen, Wasserleitungen und Kanäle, 600 elektrische Anlagen, Kabel und Freileitungen der Post und Bundesbahn. Insgesamt steht ein Erdaushub von 1 Millionen Kubikmeter bevor Zur Zeit des Vollausbaues im nächsten Jahr dürften etwa 6000 Personen direkt und indirekt mit dem Bau der AWP beschäftigt werden, nach Beginn des Betriebs wird der Stand des Personals einschließlich der Geschäftsführung auf 60 Personen reduziert.

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