6863132-1977_44_18.jpg
Digital In Arbeit

Oberösterreich um die Mitte des 19. Jahrhunderts

Werbung
Werbung
Werbung

Flächenmäßig umfaßte das Erzherzogtum Österreich ob der Enns, das um die Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert infolge der zeitweisen Besetzung durch Bayern und die Franzosen sowie durch den Verlust des Innvier- tels, das erst nach der napoleonischen Ära gemeinsam mit angrenzenden Teilen des Hausruckviertels wieder zurückgewonnen werden konnte, einschneidende Gebietsveränderungen erfahren hatte, mit 10.935,8 Quadratkilometern im Vormärz etwa 1,7 Prozent des Gesamtgebietes der Donaumonarchie.

Politisch war auch das früher selbständige Fürsterzbistum Salzburg der oberösterreichischen Landesregierung unterstellt. Bevölkerungsmäßig erreicht der Anteü Oberösterreichs an der Gesamtmonarchie zirka zwei Prozent.

Die oberösterreichische Landwirtschaft lag produktions- und ertrags mäßig weit über dem Niveau der anderen Kronländer und wurde allgemein als mustergültig angesehen. Dieser Vorsprung resultierte einerseits aus dem Volkscharakter und andererseits aus den nicht zuletzt auch hiedurch begründeten Sonderheiten der bäuerlichen Untertänigkeitsverhältnisse, die die Grundherren und ihre Verwalter an einem zunehmenden Wohlstand der Landwirte interessiert sein ließen. Er führte dazu, daß 1848 mit der Aufhebung der Untertänigkeit und des grundherrschaftlichen Verbandes ein ökonomisch gut fundiertes Bauerntum den Schritt in die Freiheit tat.

Die wirtschaftliche Stärke des Landes gründete sich jedoch vor allem auch auf Gewerbe, Industrie und Handel. Im Verhältnis zur Größe und Einwohnerzahl übertrafen die Werte der oberösterreichischen Außenhandelsbilanz, die zumeist aktiv war, etwa jene der damals industriell erheblich dichter besiedelten Kronländer Niederösterreich (das Wien mit ein- ■ schloß), Steiermark und Kärnten. Oberösterreich war 1839 anteilsmäßig an der gesamtösterreichischen Ein- und Ausfuhr zu je 2,5 Prozent beteiligt. Der Import erreichte wertmäßig 2,83 Millionen Gulden, der Export 3,87 Millionen Gulden. Schon damals erbrachte das Land für die gesamtösterreichische Volkswirtschaft mehr, als es von dieser in Anspruch nahm - ein Faktum, das bis heute den ökonomischen Konnex zwischen Land und Staatsganzem kennzeichnet und uns bei der Betrachtung der letzten 125 Jahre immer wieder als ein die regionale Entwicklung in dynamischer und andererseits auch belastender Weise beeinflussendes Element begegnen wird.

Ausschlaggebend für diese Entfaltung der wirtschaftlichen Kräfte war die günstige Verkehrslage Oberösterreichs, in dessen Zentralraum sich die Ost-West-Achse der Donau mit seit al- tersher für den Handelsverkehr bedeutsamen Nord-Süd-Transversalen schneidet

Die Bestrebungen, die Pyhmstraße zu einer leistungsfähigen Kommer- zialstraße nach Triest auszubauen, fanden ihre Ergänzung zu einer weiträumigen Planung durch Projekte, die Donau mit der Moldau und Elbe über die Große Mühl oder die Fortführung des Wasserlaufes der Naam sowie etwa auch über den Haselgraben zu verbinden.

Die erste und auch einzige Verwirklichung einer Wasserstraßenverbindung von Donau und Elbe war der von Josef Rosenbaüer in den Jahren 1789 bis 1822 erbaute Fürstlich Schwarzen- berg’sche Schwemmkanal von der Moldau zur Großen Mühl, der bis 1891

benützt wurde, aber lediglich dem Holztransport diente.

Erstmals legte am 13. September 1837 ein Dampfschiff der 1829 gegründeten „K. K. priv. Donau-Dampf- schiffahrts-Gesellschaft” die „Maria- Anna”, nach zweitägiger Bergfahrt von Wien herauf an der Linzer Lände an. Einen Monat später traf der erste Dampfer der „Königlich bayerisch- württembergischen Donau-Dampfschiffahrtsgesellschaft”, von Regensburg herabkommend, in der ober- österreichischen Landeshauptstadt ein. Im folgenden Jahr wurde der Anschlußverkehr Ulm - Regensburg - Passau - Linz - Wien eröffnet mit seiner Fortsetzung nach dem Südosten, zum Schwarzen Meer und in die Levante.

Durch die Donauschiffahrt war für den oberösterreichischen Wirtschaftsraum der Weg nach dem Südosten durch ein modernes Verkehrsmittel erschlossen - und darüber hinaus zu dem für den österreichischen Außenhandel und auch politisch so wichtigen Interessensgebiet des Vorderen Orients und östlichen Mittelmeerraumes.

Knapp drei Jahre nach der Ankunft des ersten Donaudampfers in Linz gründete 1840 im Osten der Stadt der Handelsmann und Schiffmeister Ignaz Mayer, in späteren Jahren Präsident der Handels- und Gewerbekammer, die Linzer Schiffswerft, den heute ältesten eisenverarbeitenden Großbetrieb der Landeshauptstadt und die erste Werft an der oberen Donau, auf der nach englischen Vorbildern und Methoden der seit 1835 in Altofen be stehenden DDSG-Werft eiserne Güterkähne für den Verkehr auf dem Strom gebaut wurden.

Der Donauverkehr kam auch dem Salzexport zugute. Durch technische und betriebswirtschaftlich-organisatorische Verbesserungen stieg die Salzproduktion des Salzkammergutes trotz eines stärkeren Rückganges in der Zeit der Franzosenkriege und mancher Schwankungen in der Beschäftigungslage in ihrem Endergebnis bis 1848 kontinuierlich an. 1828 betrug die Erzeugung 67.785 Tonnen, 1838 71.448 Tonnen und 1848 insgesamt 79.053 Tonnen.

Oberösterreich nahm im Vormärz in der Schwereisenindustrie innerhalb des Bereiches der Alpenländer noch eine gewichtige Stellung ein. Von den 4419 Tonnen Rauheisen, die von der Innerberger Hauptgewerkschaft produziert wurden, sind 2485 Tonnen in oberösterreichischen Hammerwerken verarbeitet worden. Die ober- österreichische Stahlerzeugung erreichte 1845 2285 Tonnen von 3384 Tonnen der Innerberger Hauptgewerkschaft. Insgesamt betrug der oberösterreichische Anteil an der Gesamtproduktion der Monarchie an Eisen und Stahl 4,6 Prozent.

Granitstein, Graphit und Alaun waren neben anderen Rohprodukten Vormaterialien, welche für die Wirt schaftsentwicklung eine ausschlaggebende Rolle spielten. Mühlviertlei Granit etwa (Poschacher) lieferte den Grundstoff für die Straßenpflasterung in Wien und in Budapest sowie auch den Baustoff für die Türme der 1845 erbauten Budapester Kettenbrücke. Deren Glieder waren das wohl erste und für lange Zeit einzige Substrat eines direkten Wassertransportes von der Nordsee zur Donau. Sie waren von dem damaligen ungarischen Wirtschaftsminister Graf Stephan Szeche- nyi in England bestellt und via Rotterdam über den Rhein und den damals soeben fertiggestellten König-Lud- wig-Main-Donau-Kanal an Linz vorbei zur ungarischen Hauptstadt transportiert worden.

(Auszug aus einem Beitrag des im Rudolf Trauner Verlag 1976 erschienenen Buches von Dr. Frana Pisecky, das unter dem Titel „Wirtschaft, Land und Kammer in Oberösterreich -1851 bis 1976” von dei oberösterreichischen Handelskammer herausgegeben worden ist.)

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung