Salzburger heizen um neun Zehntel billiger

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Auf die Rahmenbedingungen komme es an, ob in der Bevölkerung ein Bewusstsein für energiesparendes Bauen entsteht. Dessen ist sich Franz Mair, Energieberater bei der Salzburger Landesregierung, sicher. Genauso überzeugt ist er davon, dass nur ein gutes Gesamtkonzept das Energiespar-Haus auch finanziell attraktiv macht.

Die Furche: Die Gretchenfrage bei Energiespar-Häusern ist doch: Wann, wenn überhaupt, rechnet sich die Investition, die ich für eine solche Bauweise ausgeben muss?

Franz Mair: Wenn Sie heute ein ökologisch orientiertes Haus bauen, macht das null Mehrkosten, es kann sogar günstiger sein als ein Hausbau auf herkömmliche Weise. Entscheidend ist eine auf die Bedürfnisse exakt abgestimmte Planung. Denn einzeln betrachtet hat jeder Bauteil lange Amortisationszeiten. Erst ein gutes Gesamtkonzept macht diese Bauweise auch finanziell attraktiv.

Die Furche: Ist das nötige Know-How dafür vorhanden?

Mair: Ja, die Produkte und Techniken sind heute schon sehr ausgereift. Das Wichtigste ist aber, dass der ganze Bau einheitlich geplant und aufeinander abgestimmt ist. Ich vergleiche das gerne mit einem tollen, modernen Fass. Was nützt es, wenn es neu ist und alle Stücke spielt, aber ein Loch hat. Es rinnt wie ein altes Fass. Bei einem Haus ist das genauso. Es kann viel in Wärmedämmung etc. investiert werden - eine Schwachstelle reicht, und der erhoffte Energiespareffekt ist weg.

Die Furche: Wie stark ist in der Bevölkerung das Bewusstsein für eine energiesparende Bauweise vorhanden?

Mair: Es ist wichtig, dass die Rahmenbedingungen in diese Richtung wirken. Der einzelne Bürger ist meistens nicht in der Lage, über den eigenen Tellerrand hinaus ökologisch zu denken. Darin sehe ich die Aufgabe der Verwaltung: Wir müssen eine Vorreiterrolle spielen, ein Bewusstsein für Umweltschutz entwickeln. Denn wenn die Rahmenbedingungen nicht stimmen, ist es nicht zu schaffen.

Die Furche: In Salzburg scheinen die Rahmenbedingungen für energiesparenden Wohnbau zu stimmen - der Heizwärmebedarf konnte in zehn Jahren um 57 Prozent gesenkt werden.

Mair: Unser Konzept basiert darauf, dass für energiesparende Maßnahmen und die Verwendung erneuerbarer Energieformen Zuschläge zur üblichen Wohnbauförderung gewährt werden. Ab Mitte März wollen wir noch eine dritte Komponente, den Materialeinsatz, dazunehmen: Wir beurteilen dann nicht nur die Ökologie des Bauens, sondern auch den Primärenergieeinsatz, den CO2-Ausstoß und den Versäuerungsgrad bei der Erzeugung der verwendeten Baustoffe.

Die Furche: Welchen Vorteil bietet diese Verschränkung von Energiesparmaßnahmen mit erneuerbaren Energieträgern und jetzt noch dazu mit der Baustoffqualität?

Mair: Das hat den Sinn, dass insgesamt auf eine große Gesamtqualität hingearbeitet wird. Wenn nur Biomasse gefördert würde, sagt einer, ich heize mit Holz, aber das andere interessiert mich nicht. Wenn wir das gesamtheitlich klammern, kriegen wir im Endeffekt ein Energiesparhaus mit erneuerbaren Energieeinsatz und die Produktqualität stimmt auch.

Die Furche: Welche Ergebnisse sind im Optimalfall möglich?

Mair: Der Durchschnittsverbrauch der Gebäude heute ist 200 Kilowattstunden - das heißt 20 Liter Öl - pro Quadratmeter Wohnnutzfläche. Das geht bei modernen Energiespar-Häusern auf ein Zehntel herunter.

Die Furche: Ist es möglich, trotz Zunahme an Wohnraum den Energiebedarf auf gleichem Niveau zu halten?

Mair: Das Ziel ist, das wir den Energiebedarf senken. Schon seit Mitte der achtziger Jahre stagnieren wir im Raumwärmebereich. Das heißt, es gibt mehr Häuser und Wohnungen, aber wir brauchen nicht mehr Energie. Das Salzburger Ziel bis 2011 ist: Auf Basis 1994 sollen wir 28 Prozent des Energiebedarfes einsparen, den Großteil davon im Wohnbau. Dazu kommen noch nationale und internationale Ziele. Wir werden diese Ziele - soviel ist jetzt schon sicher - aber nicht erreichen.

Die Furche: Wo sehen Sie die Bremser - in der Politik?

Mair: Die Politik - zumindest in Salzburg - will sehr wohl. Hier sehe ich einen Konsens zwischen allen Parteien, dass in diesem Bereich etwas gemacht gehört. Erfolgreiche Konzepte einzuführen, ist aber eine andere Sache. Ich orte die Widerstände vor allem in der Verwaltung. Jede Veränderung bedarf eines Kraftaktes: Bis man alle soweit hat, alle mitspielen, ein Bewusstsein entsteht, dass das wichtig ist - das braucht Zeit, viel Zeit...

Die Furche: Gibt es Sanktionen, wenn ein gefördertes Bauwerk nicht den Kriterien entspricht?

Mair: Wer eine Förderung beantragt, muss einen Nachweis liefern, wie er baut. Da ist klar definiert, wie die Qualität der Gebäudehülle ausschauen muss, welche Heizsysteme eingebaut gehören etc. Wenn die Qualität nicht erfüllt wird, kann der Kunde zu uns kommen, wir überprüfen das, und der Bauträger muss nachrüsten.

Die Furche: Kommt so etwas vor?

Mair: Natürlich. Es geht dabei weniger um Betrug als um fehlendes Bewusstsein. Wenn einer z. B. sagt: Warum soll ich 14 Zentimeter Isolierung anbringen, es genügen doch zehn. Der Einzelne ist sich der Tragweite dessen nicht bewusst, was er an Schaden anrichtet.

Die Furche: Halten Sie generell die derzeitige Wachstumspolitik mit Umweltschutzzielen vereinbar?

Mair: Ich halte es für wichtig, dass wir Wachstum produzieren. Aber nicht quantitatives, sondern qualitatives Wachstum. Rückschritt oder Stagnation verträgt unsere Gesellschaft nicht. Wir wirtschaften sehr ineffektiv, sehr ressourcenintensiv. Ich glaube, dass der Faktor Zehn in Richtung Effizienzsteigerung und Qualitätsverbesserung möglich ist. Und in dem Sinn verstehe ich auch unser ökologisches Bauen. Es entsteht dabei ein Mehrwert, den die Gesellschaft dringend braucht.

Das Gespräch führte Wolfgang Machreich.

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