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Was wird gefördert?
Daß in der Geschichte Gegensätze einander abwechseln, ist eine sehr einfache Grunderkenntnis, die erst mit den eigenen Erfahrungen das Gewicht konkreter Realität erhält: Noch nach dem Zweiten Weltkrieg waren „das Schöne, das Gute und das Wahre” die Hauptlinie in der Ethik und Ästhetik, und die staatliche Kulturpolitik bezog aus diesem
Weltbild die Kriterien für ihre Förderung. Gleichzeitig gab es damals noch trotz der Erschütterungen der'Nazizeit eine Art von Gewißheit, daß sich Qualität und gelungene Leistung in den Künsten von selbst durchsetzen - wenn auch oft mit bedauerlicher Verzögerung. Die Impulse der Förderung sollten damals vor allem die Zeit des Durchsetzens verkürzen. Im Grunde wollte der Staat sich möglichst wenig einmischen. Aber natürlich ist jede Subvention Einmischung. In der neuen Gesellschaft des demokratischen Wirtschaftswunders war jedoch zu erkennen, daß substantielle Kunst zu oft auf der Strecke blieb. Also mußte vom Staat gefördert werden. Als die Kriterien überprüft wurden, gab es einen Klimawechsel. Die Vorgänge um das Jahr 1968 begannen die Ethik und Ästhetik zu verändern.
Die Kulturrevolution (mehr oder weniger ohne Gewalt) war der große Wechsel zum Gegensatz hin: Nun waren das Provokante, das Anarchistische, das Kritische, das Phantastische, das Verblüffende, Schockierende die Kriterien. Surrealismus, Dadaismus wurden zu den Requisitenkammern der neuen Generation. Und der Staat änderte seine Kriterien der Förderung.
In Osterreich hatte 1970 auch die Dominanz in der Regierung gewechselt, umso leichter fiel dort die Umstellung. Gefördert wurde vor allem, was sich effektvoll bewegt. Wo Krach war, dort schaute man hin. Das Resultat war paradox, denn es trat Unerwartetes ein: Die Aggressionen hatten sich inzwischen heftig gegen den Staat und gegen das eigene Land gerichtet.
Was also tun? Aus opportunen Gründen wird weitergefördert, wobei man lieber gar nicht hinschaut, was dabei herauskommt. Für die Verantwortung hat man Juries, die in vom Trend gewünschter Richtung einberufen werden. Wilde Osterreichbeschimpfungen, auch im Ausland, mit staatlicher Förderung sind das unerwartete Ergebnis. Jahrelang subventionierte Projekte, die zur Verhöhnung Österreichs werden, entstehen und Hermann Nitschs Orgien und Mysterientheater wird bei der Weltausstellung in Sevilla gezeigt.
C. G. Jung sagte einmal, „daß alles in sein Gegenteil hineinläuft”. Wird bald die Ästhetik Jörg Haiders folgen? Der Staat tut momentan alles dazu.
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