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Rehabilitieren und geistig orten

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Bereits fünfzehn Bände hat der Musikverlag Elisabeth L a f 11 e in Koproduktion mit dem österreichischen Bundesverlag in der Reihe „ö s t e r- reichische Komponisten des 2 0. Jahrhunderts” vorgelegt: Das Anliegen, österreichische Musik und Musiker der Gegenwart in all Ihrer Eigenart und Bedeutung zu präsentieren, Meister, die bisher — die Großen der Wiener Schule ausgenommen — ln den meisten Publikationen viel zu kurz gekommen sind, wird von den Herausgebern seit nunmehr fünf Jahren konsequent verfolgt. Ja, es ist im Grunde die einzige repräsentative Musikbuchreihe hierzulande, in der so originelle Persönlichkeiten wie Julius Bittner, Erich Wolfgang Korngold, Hans Gal eine geistige Ortung im Musikleben des Landes, ihr Schaffen tine kritisch-analytische Würdigung, manchmal sogar eine Rehabilitierung erfahren haben.

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Bereits fünfzehn Bände hat der Musikverlag Elisabeth L a f 11 e in Koproduktion mit dem österreichischen Bundesverlag in der Reihe „ö s t e r- reichische Komponisten des 2 0. Jahrhunderts” vorgelegt: Das Anliegen, österreichische Musik und Musiker der Gegenwart in all Ihrer Eigenart und Bedeutung zu präsentieren, Meister, die bisher — die Großen der Wiener Schule ausgenommen — ln den meisten Publikationen viel zu kurz gekommen sind, wird von den Herausgebern seit nunmehr fünf Jahren konsequent verfolgt. Ja, es ist im Grunde die einzige repräsentative Musikbuchreihe hierzulande, in der so originelle Persönlichkeiten wie Julius Bittner, Erich Wolfgang Korngold, Hans Gal eine geistige Ortung im Musikleben des Landes, ihr Schaffen tine kritisch-analytische Würdigung, manchmal sogar eine Rehabilitierung erfahren haben.

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Prominente Autoren wie der vor kurzem verstorbene Theodor W. Adorno (über Alban Berg), Harald Kaufmann (über Hans Erich Apostel), Heinrich Kralik (über Gustav Mahler), Erik Wei-ba (über Joseph Marx), Hermann Ullrich (über Julius Bittner), Robert Scholium (über Egon Wellesz), Lothar Knessl (über Ernst Krenek) gaben von vornherein der Reihe das Gewicht fundierter Aussagen, die teils auf wissenschaftlicher Arbeit der Autoren in der Materie basierten, teils durch lange persönliche Bekanntschaft mit den einzelnen Komponisten, ja durch Lehrer-iSchüler-Verhältnisse entscheidend geformt wurden.

Jetzt, da eine so imponierende Reihe vorliegt, erkennen öffentliche Stelle endlich die Wichtigkeit dieses Unternehmens: Den in österreich in Sachen Neue Musik gründlichen Mangel an Information kann diese Buchreihe zwar vorderhand kaum ausgleichen, aber sie kann zumindest über bestimmte Persönlichkeiten knapp, sachlich, möglichst kritisch-vorurteilsfrei unterrichten. Das heißt aber, daß ä la longue auch etwa Studien über György Ligeti oder Roman Haubenstock-Ramati vorgelegit werden müßten, daß man Alexander von Zemlinsky berücksichtigen müßte usw. Immerhin, die Reihe ist in ihrem Bestand gesichert und wird — wie man hört — mit einer Biographie des vor wenigen Monaten verstorbenen Karl Schiske fortgesetzt.

Zuletzt erschienen drei Bände über Alban Berg, Gustav Mahler und Julius Bittner:

Mit seinem Buch über Alban Berg legt Theodor W. Adorno die Summe an Eindrücken, Erfahrungen, kritischen Auseinandersetzungen mit dem Schaffen des Meisters vor. Selbst Schüler Bergs, hatte er in mehr als 40 Jahren viel über ihn publiziert. Der größte Teil seiner Arbeiten bestand in den Betrachtungen, die er zu dem 1937 von Willi Reich veröffentlichten Werk über Berg beigesteuert hatte. Nun wurden diese Essays, da längst vergriffen, hier erneut zusammengefaßt und mit neuen Erkenntnissen aus dem Jahre 1968 vereinigt. Das heißt, dieses Buch ist organisch gewachsen, dokumentiert in sich selbst eine Entwicklung, bei der deutlich zu merken ist, wie sich der Begriff von Analyse für Adorno allmählich herausgeschält hat. Neu ist vor allem das Kapitel „Erinnerung” (1968 auf Grund des 1936 veröffentlichten Aufsatzes „Erinnerung an den Lebenden” geschrieben), ferner ein Abschnitt „Analyse und Berg” und die ebenfalls 1968 entstandenen „Epile- gomena zum Kammerkonzert”. Heinrich Kraliks Gustav-Mahler- Buch ist eine Zusammenstellung von Einführungsvorträgen, die der bekannte Wiener Musikkritiker und Buchautor für den Rundfunk verfaßte. Friedrich Heller ergänzte und beręicherte diese durch eine wertvolle Analyse über Mahlers Einfluß auf seine Zeit. Wichtig sind vor allem die ausgezeichneten Untersuchungen der Symphonien und Orchesterlieder und die übersichtlich zusammengestellte Mahler-Bibliographie. Heinrich Kralik von Meyrswalden, dem Doyen der Wiener Musikkritik, ist ein einfühlsam geschriebener Gedenkessay gewidmet.

Hermann Ullrich, ebenfalte Wiener Musikkritiker und Autor, schließlich entwarf ein feinsinnig gedeutetes Porträt Bittners, des Komponisten von „Höllisch Gold” und des „Bergsees”. Bittner war wohl eine der originellsten Persönlichkeiten des österreichischen Musiklebens im ersten Drittel unseres Jahrhunderts und im österreichischen Kulturraum verhaftet wie wenige. „Impetuoser Schaffensdrang, nicht immer von strenger Selbstkritik kontrolliert, ließ ein umfangreiches Oeuvre entstehen, das trotz so zahlreicher Wertänderungen sozialer, musikästhetischer und theatertechnischer Art” noch heute viel Reiz bewahrt hat. Ullrich, wie Bittner selbst Richter und Komponist, deutet das Schaffen im Zusammenhang mit und aus dem Musikleben der Vorkriegs-, Kriegs- und Zwischenkriegszeit und prüft immer wieder sorgfältig Vorwürfe des musikalischen Dilettantismus, der Bittners Schaffen degradierte, aber auch Möglich-

ALBAN BERO. Der Meister des kleinsten Übergangs. Von Theodor W. Adorno. — GUSTAV MAHLER. Eine Studie von Heinrich Kralik, herausgegeben und eingeleitet von Friedrich Heller. — JULIUS BITTNER. Eine Studie von Hermann Ullrich. In der Reihe: „österreichische Komponisten des 20. Jahrhunderts.” Verlag Elisabeth Laflte, österreichischer Bundesverlag, Wien. 100 Seiten mit Abbildungen.

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