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Von Musik und Musikern

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Musikgeschichte des Abendlandes. Erster Band. Von Eberhard Preußner. Verlag Brüder Hollinek, Wien. 375 Seiten.

Eine Musikgeschichte ohne Herbariumcharakter. Weil dem Autor die abendländische Musik lebendiger Besitz ist, deshalb vermag er auch dem gebildeten Musikliebhaber ein so farbiges und „hintergründiges“ Bild ihrer Entwicklung zu vermitteln. Preußners Anliegen ist: Musikgeschichte als allgemeine Geistesgeschichte, ihre Einordnung in ein Panorama der abendländischen Kultur. Unmöglich, in diesem Rahmen auf Einzelheiten einzugehen, die den Wissenschafter, aber auch den Musikpädagogen erkennen lassen. Schade, daß die interessante Tabelle am Schluß so knapp ausgefallen ist. Möge der zweite Band dieses empfehlenswerten Werkes bald folgen.

Meister der Musik. Zweiter Band. Von Romain Rolland. Verlag Otto Walter AG, Ölten, 283 Seiten.

Diese „Musiciens d'aujourdhui“ sind auch schon von gestern! Romain Rolland schrieb diese Studien, die knapp vor oder nach der Jahrhundertwende in verschiedenen französischen und deutschen Zeitschriften erschienen sind, zwischen seinem 32. und dem 38. Lebensjahr. So ist auch seine Perspektive schon „historisch“. Das merkt man vor allem am letzten Beitrag, einer „Skizze über die musikalische Entwicklung in Paris seit 1870“. Doch haben diese meist kürzeren Monographien den Vorteil, daß der Dargestellte (oft nur Skizzierte) dem Autor zeitlich und zuweilen auch menschlich nahestand. Das gilt besonders für Richard Strauß (dessen Schwächen Rolland schärfer sah als die meisten heutigen Musikästhetiker), Saint-Saens sowie Vincent d'Indy. Der umfangreichste Beitrag ist Hector Berlioz gewidmet. Die Gewichte zwischen deutschen und französischen Meistern sind ziemlich gleichmäßig verteilt (Richard und Siegfried Wagner, Hugo Wolf und Richard Strauß neben den genannten Franzosen und der Debussy-Studie) Auch darin spiegelt sich Rollands Vorurteilslosigkeit. Leider folgt die Ubersetzung dem französischen Original zu wörtlich und wirkt dadurch stellenweise holperig. Eine Glättung bei der nächsten Auflage wäre sehr erwünscht.

Richard Wagner In Italien. Von Karl Ipser. Verlag „Das Bergland-Buch“, Salzburg, 240 Seiten.

Einige Sätze Wieland Wagners stehen als Vorwort in diesem Buch: Es könne heute für die Beurteilung eines Großen nicht mehr ausschlaggebend sein, welchem Volke er angehört, es erhebe sich allein die Frage nach seinem Beitrag zur Erhaltung, Vertiefung und Verbreitung der abendländischen Gesittung. Die neue Generation in Bayreuth begrüße und fördere jedes Vorhaben, das die Vei flechtung des Wagnerschen Lebenswerkes mit dem Schaffen anderer Völker aufzeige. — Aus solchen Sätzen spricht der neue Geist von Bayreuth, der freilich noch nicht in die Schriften der Wagnerianer gedrungen ist. Gestützt auf die bekannte Richard-Wagner-Literatur, hat der Autor alles auf Italien Bezügliche übersichtlich zusammengestellt. Schwerpunkte sind: der zweite Akt „Tristan“ (der übrigens untef dem verständnisvollen Schutz der österreichischen Behörden geschrieben wurde!) und der letzte Akt von Wagners

Leben in Venedig. Einen wesentlichen Bestandteil des wohlausgestatteten Bandes bilden 88 Abbildungen aus dem Richard-Wagner-Familienarchiv, zum großen Teil Erstveröffentlichungen. Eine ausführliche, 25 Seiten starke Tabelle über Leben und Werk umfaßt auch die Zeit vor dem ersten Italienaufenthalt und stellt eine gedrängte, gut brauchbare Wagner-Chronologie dar.

Chopin und Wien. Von Franz Z a g i b a. H.-Bauer-Verlag, Wien. 157 Seiten.

Im 100. Todesjahr Chopins beendete der Verfasser, Dozent für slawische Musikwissenschaft an der Universität Wien, die vorliegende saubere und fleißige Studie, die keine andere Prätension hat, als die der Vollständigkeit. Auch sind dem Verfasser zwei kleine Manaiskriptfunde geglückt, deren künstlerischer Wert freilich gering ist. Die beiden Aufenthalte Chopins in Wien 1829 und 1830'31 waren ergiebiger — vor allem an persönlichen Beziehungen —, als man bisher wußte. Eine Reihe gut reproduzierter Bildtafeln und ein besonders geschmackvoller moderner Schutzumschlag empfehlen diese SpezialStudie auch äußerlich. Daß des Autors Muttersprache nicht die deutsche ist, spürt man an einigen Stellen.

Franz Schmidt. Leben und Schaffen. Von Andreas Ließ. Hermann Böhlaus Nachf. Ges. m. b. H, Graz. 175 Seiten.

Die vorliegende Monographie sollte schon vor sieben Jahren erscheinen, und auch 1949, zum zehnten Todestag des Komponisten, gab es noch keine Würdigung seines Lebenswerkes in Buchform. Nun hat sich, endlich, ein Verlag gefunden, der diese Lücke schließt. Denn Franz Schmidt ist ein wichtiger Faktor im Wiener Musikleben, freilich ist sein Ruhm vorläufig auf seine Heimatebesdiränikt. Für diese Tatsache bleibt uns Ließ leider die Erklärung . schuldig, wie überhaupt Schmidts Stellung im europäischen Musikleben der Gegenwart nicht scharf genug herausgearbeitet ist. Mit Kennzeichnungen wie „gottbegnadetes Wiener Musikantentum“ und „organische Synthese mit dem Werk Bruckners“ ist wenig geklärt, ebensowenig wie mit der „Umdeutfähigkeit seiner musikantisch-polyphonen Gesamtgeistigkeit ins allgemein Moderne“. Desgleichen kann nicht unwidersprochen bleiben, daß Schmidts „verweltlichte Orgel dem modernen Denken einzureihen“ sei. Dagegen wird die Eigenart des Schmidt-schen Stiles gut herausgearbeitet: Streben nach Einheit innerhalb der symphonischen Großformen, Durchwirkung der absoluten Musizierformen mit der Sprache der Sinne, romantische Durchdringung dei Klassizität, das Vermeiden impressionistischer oder expressionistischer Stimmungsaufsplitterung zugunsten der objektiven, musikalisch-absoluten Aussage, die Kennzeichnung von Schmidts Klavierstil als vornehmlich „flgurativ“ und anderes mehr. Ob das Orgelwerk das „bedeutsamste seit Bach“ ist, muß sich erst erweisen. Solche und viele andere Werturteile hat der Autor aus Artikeln, Kritiken und Festschriften übernommen, die aus dem engeren Schmidt-Kreis stammen und größtenteils in den Jahren 1938 bis 1941 publiziert wurden. Die Zitate dieser Sekundärliteratur nehmen — für ein wissenschaftliches Werk — einen etwas zu breiten Raum ein. An ihrer Stelle hätte man gern das eigene kritische Urteil des über den Stilwandel innerhalb der letzten 50 Jahre gutunterrichteten Autors gehört. Der nur zum Teil beigelegte Streit über die Bearbeitungen der für Paul Wittgenstein bestimmten Kompositionen bildet ein wenig erfreuliches Kapitel. Sehr aufschlußreich sind Schmidts Selbstzeugnisse im Wort: Aufsätze, Reden und Vorlesungsentwürfe, in deren Mittelpunkt die „Organologie“ steht, die Wissenschaft von den Klangkörpern. Stammbaum, Lebensdaten, Werkverzeichnisse, Literaturangaben und Register erhöhen den Wert dieses, trotz aller Einwände, notwendigen Buches. Prof. Dr. H. A. Fiectitner

„Wir waren enttäuscht... und beglückt!“

Junge Eheleute erzählen Ergebnisse einer Rundfrage über den Brautunterricht. Bearbeitet von Pfarrer Theodor B Ii e weis. Sonderheft der Zeitschrift: „Der Seelsorger“. Verlag Herder, Wien 1951. 44 Seiten.

Der bekannte Wiener Großstadtseelsorger, Verfasser des erfolgreichen Ehebuches: Wagnis der Ehe, hat 300 katholischen Eheleuten einen Fragenbogen geschickt, auf dem sie gefragt wurden, was sie von ihrer Brautlehre wissen, was auf sie Eindruck gemacht hat und auf was die Pfarrer bei der Brautlehre besonders Nachdruck legen sollten. 113 Antworten sind eingelaufen. Manchen war die Brautlehre eine Enttäuschung, manche hat sie beglückt und befriedigt. Blieweis zitiert die meisten Briefe wörtlich. Daraus geht die Notwendigkeit einer ausführlichen und längeren Brautlehre eindeutig hervor. Andererseits sieht man, wie begierig die Leute nach einer wahren christlichen, tiefen Aufklärung über dieses hl. Sakrament sind. Freilich wie bei jeder Aufklärung bleibt ein Rest, über den nichts gesagt werden kann, sondern der durchlitten werden muß. Erschütternd sind manche aufrichtige Berichte aus dem Eheleben, die sonst verschwiegen werden. Welch eine Tragik, aber auch welch ein Heroismus! Allen, die am Thema interessiert sind — und wer wäre das nicht? —, sei dieses wichtige Büchlein dringend empfohlen. Solche Befragungen wären auch für andere religöse Bereiche sehr nützlich.

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