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Bischöfe haben „offene Ohren” und wollen Dialog führen

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Die Unterschriftenaktionen in der Schweiz, die dem österreichischen Kirchenvolks-Be-gehren folgten, fielen eher bescheiden aus.

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Die Unterschriftenaktionen in der Schweiz, die dem österreichischen Kirchenvolks-Be-gehren folgten, fielen eher bescheiden aus.

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Keine zwei Wochen, nachdem der Bischof von Basel, Hansjörg Vogel, öffentlich erklärt hatte, er werde Vater und trete darum von seinem Amt zurück, wurden in zahlreichen Pfarreien Unterschriften für die Aufhebung des Pflichtzölibats gesammelt. Die Gemeinde St. Johannes in Zug ging noch einen Schritt weiter und forderte in ihrer Petition „Kirche 95” die Ordination von Frauen. Gesamtschweizerisch unterstützen der Schweizerische Katholische Frauenbund (SKF) diese Petition ebenso wie das Netzwerk Offene Kirche Schweiz. Denn nach Rösy Bloch-liger-Scherer, der Zentralpräsidentin des SKF, gehören diese beiden Forderungen zusammen.

Darum hatte der SKF als Dach verband 250.000 katholischer Frauen den Versand der Petitionsbögen an seine Ortsvereine übernommen. Die Katholiken, die mit dem Slogan „Für eine Kirche, die nicht ausgrenzt” warben, wurden auch von den Massenmedien unterstützt: die auflagenstarke Zeitschrift „Der. Schweizerische Beobachter” beteiligte sich eifrig an der Unterschriftensammlung.

Innerhalb von drei Monaten - in der Ferienzeit - kamen über 73.000 Unterschriften zusammen. Dies wertete Anita Weibel als Initiatorin von „Kirche 95” als „Hoffnungszeichen” dafür, daß die Anliegen der Kirchen-basis zukünftig nicht mehr „ständig übergangen” würden und bei den Bischöfen „auf offene Ohren und Herzen” stoßen mögen. Offene Ohren hatte die Schweizer Bischofskonferenz (SBK) durchaus, als sie zu Beginn ihrer Herbstvollversammlung am 7. September die gesammelten Unterschriften entgegennahm, „ohne Schlagabtausch”, wie SBK-Präsident Henri Sahna die Übergabe schilderte.

Der Sekretär der SBK, P. Roland B. Trauffer, konnte es sich allerdings nicht verkneifen, sich darüber erstaunt zu zeigen, daß sich auch nichtkatholische Kreise in Fragen wie jene des Pflichtzölibats oder der Weiheämter für Frauen einmischten: der „Beobachter” hatte immerhin 26.000 Unterschriften zustande gebracht. Solche Petitionen „von außen” könnten doch nicht genau so gewertet werden wie das, was die Katholiken sagten, wunderte sich der Sekretär.

Insgesamt hatten sich die Bischöfe mit mehreren Petitionen zu befassen: mit dreien, die sich für die Abschaffung des Pflichtzölibats, die gleichen Bechte für die Frauen in der Kirche und die Zulassung laisierter Priester sowie die Weihe von viri probati ausgesprochen hatten, mit 2.370, mit 865 beziehungsweise mit 982 Unterschriften, sowie mit einer Petition aus dem Raum Bern mit 228 Unterschriften, die sich den Anliegen des österreichischen Kirchenvolksbegeh -rens anschloß. Dazu kam eine weitere Unterschriftensammlung, in der etwa ein Viertel der Weltpriester des Bistums Basel die Abschaffung des Pflichtzölibats befürworteten (144 Unterzeichner).

Die Petitionen zu erhalten und das Anliegen der Gläubigen, die sich auf diese Weise artikuliert hätten, zu verstehen, heiße aber noch nicht, sie zu billigen, warnte Abtbischof Sahna. Er dachte gleichzeitig laut darüber nach, was die Katechese denn versäumt habe, wenn man die Strukturen der Kirche mit einem internationalen Konzern vergleiche und nicht in erster Linie als eine Initiative Gottes sehe, deren oberste Autorität Christus sei.

Immerhin will die Schweizerische Bischofskonferenz den Dialog weiterführen, einmal mit den Frauen, die Defizite im theologischen Verständnis der Weihe von Frauen hätten, mit den Seelsorgern und Seelsorgerinnen, in den Räten, aber auch bei den Bischofskonferenzen Deutschlands und Österreichs, die sich mit ähnlichen Anliegen auseinandersetzten.

All diese freundlichen Worte wurden im September gesprochen. Noch sind die Absichtserklärungen nicht in die Tat umgesetzt worden, denn noch fehlen zwei neue Bischöfe - der von Basel und von Freiburg -, um die SBK zu komplettieren. Anders als in Deutschland und in Österreich ist es im Moment um das Schweizer „Volksbegehren” still geworden.

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