"... ihr kommt nicht rein!"

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Statt einer Verbesserung der Lage der Asylanten wurde die Möglichkeit, in Österreich Asyl zu erhalten, insgesamt erschwert.

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Statt einer Verbesserung der Lage der Asylanten wurde die Möglichkeit, in Österreich Asyl zu erhalten, insgesamt erschwert.

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Ende November und damit noch rechtzeitig vor Weihnachten und dem Jahreswechsel hat der Nationalrat eine Änderung des Asylgesetzes beschlossen, die mit 1. Jänner 1999 in Kraft getreten ist. Nachdem der Verfassungsgerichtshof im Juni die vom Gesetz vorgesehene Berufungsfrist gegen abweisende Asylbescheide von zwei Tagen als verfassungswidrig aufgehoben hatte und als Mindestmaß die Frist von einer Woche gefordert hatte, war eine Novelle notwendig geworden.

Die zukünftige Rechtslage nach der vom Nationalrat beschlossenen Novelle zum Asylgesetz setzt nun einerseits eine zehntägige Berufungsfrist nach Erhalt eines abweisenden Bescheides auf einen Asylantrag fest, andererseits wird die Möglichkeit statuiert, die Sicherheit von Drittländern für Asylwerber mittels Verordnung festzulegen. Statt einer Verbesserung der Lage der Asylanten im Sinne der Menschenrechte, was als Grundgedanke in dem VfGH-Erkenntnis zum Ausdruck kommt, wurde die Möglichkeit in Österreich Asyl zu erhalten also insgesamt erschwert.

Die Frist von zehn Tagen für die Einreichung einer Berufung ist zwar gegenüber der alten Regelung von zwei Tagen eine Verbesserung. Sie ist aber immer noch sehr kurz, wenn man bedenkt, daß es sich bei Asylwerbern um Menschen handelt, die die Landessprache und die hierorts übliche Bürokratie nicht kennen. Zum Vergleich ist anzumerken, daß die allgemeine Berufungsfrist in Verwaltungsangelegenheiten zwei Wochen beträgt.

Mit der Ermächtigung des Innenministers, Nachbarländer mittels Verordnung zu sicheren Drittstaaten zu erklären, kann die Einreise von Asylwerbern auf dem Landweg stark beeinflußt werden. Bei der Einreise aus einem sicheren Drittland ist ein Asylantrag im Inland abzuweisen und der Betroffenen in dieses Drittland abzuschieben. Die Einreise kann auf dem Landweg völlig unterbunden werden, wenn der Minister alle Nachbarländer Österreichs als sichere Drittländer festlegt. Damit wird die Zahl der Asylanträge unabhängig von Bürgerkriegen und politischen Unruhen steuerbar. Die Einhaltung einer Quote ist zentrales Ziel dieser Politik, eine Achtung des einzelnen Menschen in seiner unveräußerlichen Würde droht hinter der Quote von abgewiesenen Asylanträgen zu verschwinden. Asylpolitik wird zu einer Zahlenspielerei.

Der Kern von Asylpolitik muß die Wahrung der menschlichen Würde und damit der effiziente Schutz von Menschen vor Verfolgung, Folter und willkürlicher Verhaftung aus politischen Gründen sein. Länder wie Österreich, die sich einer innenpolitischen Stabilität erfreuen, haben unter dieser Zielsetzung die Pflicht diesen Schutz zu gewähren.

Die menschliche Würde ist oberster Maßstab der Menschenrechte. Mit der Europäischen Menschenrechtskonvention besteht ein Rechtsinstrument, das die Rechte jedes Menschen unabhängig von Herkunft, Rasse, Religion, Geschlecht oder Hautfarbe sehr klar nennt und deren Achtung einfordert. Österreich hat diese Konvention unterzeichnet und in den Verfassungsrang erhoben; es garantiert damit jedem Menschen die Anerkennung seiner Würde und eine menschenwürdige Behandlung im Inland. Die Abschiebung von Menschen verweigert eine solche menschenwürdige Behandlung.

Die Einhaltung der Menschenrechte und die Anerkennung der menschlichen Würde ist wie die Asylfrage nicht von einem kleinen Land wie Österreich im Alleingang zu lösen. Internationale Zusammenarbeit aller europäischen Länder ist notwendig. Eine Lösung der Immigrationsfrage ist nicht, wie dies leider immer noch von der Mehrheit der westeuropäischen Gesetzgeber geglaubt wird, von einem Land alleine für sich zu leisten. Der Versuch einer rein binnenstaatlichen Behandlung führt zu Überforderung; die angebotenen Lösungen sind dann Maßnahmen zur Abschottung, wie etwa die Problemverschiebung über die Grenzen.

Das Ziel von Asylpolitik kann nur im Einsatz für die Wahrung der Menschenwürde und damit in der Gewährung von Schutz für verfolgte Menschen liegen. Eine effiziente Gestaltung, wie dies zu erfolgen hat, wie etwa Kosten und Aufwand zu teilen sind, eine Gestaltung, die sowohl für die Staaten tragbar als auch für die Asylwerber menschenwürdig ist, kann nur von allen Staaten gemeinsam gefunden werden.

Der Autor ist Assistent am Institut für Ethik an der katholisch-theologischen Fakultät der Universität Wien.

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