6608346-1954_34_08.jpg
Digital In Arbeit

Semper idem …

19451960198020002020

Der FrühkapitaEsrnn fri Tnnerösterreich. Von Ferdinand Tremtl. Leykam-Verlag, Graz. 172 Seiten und eine Karte

19451960198020002020

Der FrühkapitaEsrnn fri Tnnerösterreich. Von Ferdinand Tremtl. Leykam-Verlag, Graz. 172 Seiten und eine Karte

Werbung
Werbung
Werbung

Es ist offensichtlich, daß sich die europäisch Wirtschaft in einem Stadium des Leberganges befindet, daß so etwas wie eine neue Wirtschaftsepoche konstituiert wird. Die Erwerbswirtschaft, ehedem fast durchweg im Interesse der privaten Eigentümer der Produktionsmitteln geführt, wandelt sich im Zusammenhang mit einer strukturellen Veränderung im Bereich der Eigentumstitel. Es ist nun interessant, an Hand einer monographischen Studie, wie der vorliegenden, die Phasen des LTeberganges von heute mit jener des sogenannten Frühkapitalismu zu vergleichen und festzustellen, wie da, wo die Wirtschaft an das Problem des Menschen stößt, die Probleme im Prinzip einander so ähnlich sind.

Der Grazer Historiker Tremel ist nun bemüht, bezogen auf den Raum von Innerösterreich, zu zeigen, und dies mit einer Fülle von Material, wie sich aus der gebundenen konservativen Wirtschaft des Mittelalters jene Elemente herauslösen, die das Aufkommen des Kapitalismus ankündigen. Zuerst werden in kundiger Weise die Bedingungen geschildert, deren Vorhandensein erst die Möglichkeit schuf, kapitalistische Erwerbsweisen zu praktizieren. Zuvorderst sind es die Uebergänge von der Natural- zur Geldwirtschaft, die Uebergabe landesherrlich geführter Betriebe an Private und das Eindringen reichgewordener Händler ‘in die Bereiche der großgewerblichen Erzeugung und Rohstoffgewinnung, welche zur Liquidation der bestehenden Wirtschaftsformen beitragen. Auf der einen Seite zeigt sich der Prozeß einer Konzentration des Kapitals und auf der anderen Seite entsteht, schon auf engstem Raum angesammelt, eine eigentumslose Nur-Arbeiterschaft, leidlich dadurch geschützt, daß die ökonomischen Interessen des Landesherrn keineswegs mit jenen der Unternehmer konform gehen, so daß dem unternehmerischen Bemühen, die sozialen Rechte weiter zu reduzieren, von oben her ein Riegel vorgeschoben wird.

Das Kleingewerbe wird durch die großen Gewerke aufgesogen. Meist sind es Fremde, insbesondere Augsburger, die Geld und kapitalistischen Geist in das Land bringen. Durch die Distanzierung der Unternehmer vom Be?riebsort schiebt sich zwischen LTnternehmer und Arbeiter der mittelalterliche Manager, der Verweser, und schafft so ein besonderes System der Ausbeutung.

Das durch Betriebsamkeit reichgewordene Bürgertum vermag seine Positionen nicht zu halten. Und dies gerade durch seinen gesellschaftlichen Aufstieg. Der geadelte Bürger imitiert Lebensart und Arbeitsweise der alten Eltern. Die Folge ist seine Verarmung. Dieser Vorgang ist ein allgemeiner und trägt dazu bei, die erste kapitalistische Epoche in Oesterreich frühzeitig zu beenden, um so mehr, als der Landesherr merkanitilistische Gedankön- gänge in die Wirtschaftspolitik einführt und die wirtschaftliche Freizügigkeit diszipliniert, damit aber auch die Chance der Ausbeutung und der Maximierung der Gewinne weitgehend bindend.

Das Buch ist eine ausgezeichnete Studie zu einem Abschnitt österreichischer Geschichte, der bisher im gebotenen Umfang noch nicht ausreichend b- arbeitet worden ist.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung