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Billiger wohnen per Dekret?

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Ies stimmt natürlich, daß eine zeitgemäße Wohnung für junge Menschen fast unfinanzierbar ist. Und es stimmt leider auch, daß mit der Not Wohnungssuchender üble Geschäfte gemacht werden.

Nur - der Schluß, der jetzt immer häufiger von Politikern und Kommentatoren daraus gezogen wird, ist grundfalsch: Die Misere ist keineswegs der Beweis dafür, daß man das Grundbedürfnis Wohnen eben nicht „dem Markt” überlassen dürfe. Der Grund für die unerfreulichen Zustände ist nämlich viel eher darin zu suchen, daß ' jahrzehntelang mit dirigistischen Eingriffen, die vorgaukelten, daß Wohnen nichts kostet, das Entstehen eines funktionierenden Marktes verhindert wurde.

Bis heute übrigens. Denn die immer wieder zitierte Freigabe der Mietzinse für die Ausstattungskategorie A hat ja nicht schlagartig zu einem funktionierenden Markt geführt. Da der gesamte Bestand und die anderen Ausstattungskategorien weiterhin dem alten Regulativ unterliegen, entlädt sich der aufgestaute Ertragsdruck zwangsläufig durch das Ventil der wenigen zur Neuvermietung kommenden Kategorie A-Wohnungen.

Ein Ertragsdruck, der seine Ursache in der realen Kostensituation und nicht in der Geldgier der Vermieter hat, wie schon ein einfaches Rechenbeispiel zeigt. Für die Adaptierung einer kleineren Wohnung in einem der typischen Zinshäuser Wiens, die um die Jahrhundertwende errichtet wurden, sind heute etwa 10.000 Schilling pro Quadratmeter erforderlich, um sie danach als Kategorie A-Wohnung frei vermieten zu können (was immer noch deutlich unter den Quadratmeterpreisen eines Neubaus liegt). Das macht bei einer 50 Quadratmeter Garcon-niere also eine halbe Million Adaptierungskosten. Allein die Zinsen für einen gleich hohen Investitionskredit (ohne jegliche Amortisation) würden (bei 9,5 Prozent Zinsen) die Miete pro

Monat mit rund 4.000 Schilling belasten. (Mit Tilgung des eingesetzten Kapitals auf 20 Jahre gerechnet steigt die Belastung auf etwa 4.700 Schilling pro Monat.) Mit Betriebskosten und Mehrwertsteuer kommt somit bereits eine Miete jenseits der 5.000 Schilling zusammen -ohne daß noch ein Schilling für die Instandhaltung des Hauses oder dem Vermieter übrigbliebe.

Da man an den Grundregeln der Mathematik und, so fürchte ich, kurzfristig auch an den Baukosten wenig ändern kann, führt aus sozialen Motiven kein Weg an der Subjektförderung vorbei.

Das abermalige Einziehen einer Obergrenze für Kategorie A-Mieten, wovon bekanntlich einige sogenannte Wohnungspolitiker derzeit schwärmen, wäre zweifellos populär, hätte aber den „kleinen” Schönheitsfehler, daß es, wie jahrelang im Ostblock bei Nahrungsmitteln, leider kein Angebot zu diesem Preis gibt...

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