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Dynamik statt. Glassturz
Aus der Steiermark schallt der Ruf nach nationaler Solidarität. Es geht um Tausende VOEST-Arbeitsplätze in der Obersteiermark.
Solidarität ist gefragt. Viele Arbeiter, sagte Diözesanbischof Maximilian Aichern anläßlich des Diözesanjubiläums im Zusammenhang mit der VOEST-Krise, fühlten sich „ohnmächtig und verlassen“.
Gerade in schwierigen Zeiten wird uns der Verlust an Solidarität schmerzlich bewußt. Dieses Füreinander-Dasein, das Fürein-ander-Haften wird zunehmend weniger als persönliche Verpflichtung empfunden, sondern als Grundsatz, der an den Staat abgetreten wird.
Keine Frage: Wir sind zur Solidarität verpflichtet. Nur was heißt das im konkreten Fall? Mit wem solidarisieren?
Solidarität mit den Menschen, die um ihre Existenz, um ihren Arbeitsplatz bangen, heißt noch lange nicht, sich mit einem System, mit Strukturen, gar mit einer Regierung solidarisieren zu müssen, gleichgültig von wem sie gestellt wird.
Die Gemeinschaft der Steuerzahler, der gewinnbringenden Wirtschaft, hat der verstaatlichten Industrie bisher schon 26 Milliarden Schilling zugeschossen. Hat das den Menschen in den Betrieben wirklich und dauerhaft genützt? Hätten nicht bereits um dieses Geld in den betroffenen Regionen zukunftsträchtigere Investitionen getätigt werden können?
Denkmalschutz für verstaatlichte Betriebe hilft Politikern über die Wahlen, nicht den Beschäftigten über die Runden. Sie wollen sich durch ihre Arbeit selbst erhalten und nicht erhalten werden.
Ideologische Vorstellungen haben Schiffbruch erlitten, sind auch nicht mehr gefragt. Daher ist jene wirtschaftspolitische Vernunft in allen politischen Lagern zu begrüßen, die diesen Industriebereich von Krücken auf eigene Beine helfen will, auch wenn das Wort von der Entstaatlichung noch manche verschreckt.
Aber zur Zuführung von Privatkapital gibt es, schon aus bud-getären Gründen, keine Alternative. Kapital ist da und noch dazu mobil, mobiler jedenfalls, als es die Arbeitskraft sein kann. Allerdings muß auch von den Arbeitskräften eine höhere Mobilität verlangt werden, als sie heute noch gegeben ist.
An die Stelle von wirtschaftlichem Substanzverzehr muß wirtschaftliche Dynamik treten, die Arbeitsplätze und sozialen Fortschritt sichert.
Dieser wirtschaftlichen Dynamik stellt sich in den Weg, wer „seine“ verstaatlichten Betriebe unter den Glassturz gestellt wissen will, wer das politisch fordert — in einem Atemzug mit dem Wunsch, daß „nicht mehr hineinpolitisiert“ werden soll.
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