6986342-1986_27_14.jpg
Digital In Arbeit

Ein eindeutiges Nein

Werbung
Werbung
Werbung

„Es ist besser zu scheitern, als überhaupt nichts zu tun“, versicherte Irlands Premierminister Garret FitzGerald all jenen, die ihn übers Wochenende nach seinen Rücktrittsabsichten befragten. In der Tat ist das Nein der irischen Stimmbürger zur Streichung des umfassenden Scheidungsverbots aus der irischen Verfassung eine Abfuhr für die Regierung FitzGerald, die angetreten war, eben diese Verfassung von ihrem konfessionellen Beiwerk zu entrümpeln.

Bei einer Stimmbeteiligung von 62,7 Prozent war das Votum der

Iren über jeden Zweifel erhaben. 63,1 Prozent bekundeten mit ihrem Nein, daß ihnen die Aufrechterhaltung katholischer Glaubenssätze in der Verfassung wichtiger ist als die Anerkennung der gesellschaftlichen Realität. So bleiben die Bande der Ehe unauflöslich, die Kirche allein vermag eine Ehe zu annullieren, doch selbst dann verweigert der Staat einer zweiten Ehe die Anerkennung.

Die regionalen Unterschiede, die sich in den Abstimmungsresultaten offenbarten, sind zwar beträchtlich, doch eine Kluft zwi-

sehen Stadt und Land besteht dennoch nicht. Selbst im großstädtischen Dublin vermochten die Befürworter nur mit einer Mehrheit von 0,2 Prozent zu „triumphieren“, viel zuwenig, um die Dreiviertelmehrheit der Nein-Stimmen im ländlichen Westen zu kompensieren.

Neben dem donnernden Nein, das die katholische Kirche der Scheidungsvorlage entgegenschleuderte, war für das klare Resultat vor allem die Argumentation der zahlreichen Laienorganisationen verantwortlich, daß die materielle Situation geschiedener Frauen ungesichert sei. Die Drohung mit der Aufspaltung von Landwirtschaftsbetrieben in einem Scheidungsprozeß bewog das ländliche Irland, der Liberalisierung feindlich zu begegnen.

Der Unwille der Iren, für ihre Minderheiten zu sorgen — sei es die soziale Minderheit derer, die sich in ihrer Partnerwahl irrten, sei es die konfessionelle Minderheit der Nicht-Katholiken - wirft ein trübes Licht auf alle künftigen Bemühungen um eine friedliche Lösung in Nordirland, namentlich auf die Möglichkeit einer Wiedervereinigung von Nord und Süd.

So wie die nordirischen Protestanten seit 1920 einen protestantischen Staat errichten, der die Bedürfnisse der dortigen katholischen Minderheit ignorierte, scheint der katholische Süden entschlossen, seine Grundwerte in Deckungsgleichheit mit den Lehren der päpstlichen Kirche zu halten.

Die Opfer dieser Polarisierung sind die gemäßigten Protestanten Nordirlands, die vergeblich auf eine Liberalisierung der Republik bauten.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung