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Justitia und die Politik

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Urteilsspruch im Noricum-Prozeß:14 Verurteilungen, strenge Strafen, nur vier Freisprüche. Die Argumentation: Eingefädelt worden seien die Waffengeschäfte von den Managern. Die Politiker hätten später nur vertuscht, aber vorher von nichts gewußt. Dementsprechend sind Fred Sinowatz, Karl Blecha und Leopold Gratz übrigens auch nur wegen Amtsmißbrauchs und nicht wie die Managerwegen Neutralitätsgefährdung angeklagt.

Für die Politiker läuft die Sache also weiterhin bestens: Schon daß sie nicht in diesem Prozeß auf der Anklagebank gesessen waren und auf einen eigenen Prozeß warten durften, gab ihnen die Möglichkeit, sich diesmal vor Gericht in vornehmes Schweigen zu hüllen. Und für ihren eigenen Prozeß gibt es jetzt ein Präjudiz: Hauptverantwortlich für den Waffendeal sind, wie gesagt, die Manager.

Diese waren offensichtlich gänzlich realitätsfremde Typen: Sie hatten wohl gedacht, sie könnten ein 7,4 Milliarden- Geschäft, an dem Behörden,Ban-ken, Versicherungen und Frachter beteiligt sein mußten, ohne Wissen des Eigentümers (der Republik Österreich) und gegen den Willen der ihn vertetenden

Politiker über die Bühne bringen. Soweit die „plausible" Argumentation der Staatsanwaltschaft, der sich die Geschworenen nach eineinhalbtägiger Rechtsbelehrung durch die Richter anschlössen.

Für den gelernten Österreicher ohnedies sonnenklar: Wann haben sich Politiker je für das interessiert, was in der Verstaatlichten vor sich ging? Das war doch seit jeher eine bekannt politikfreie Zone: Alles klar!

Daß Ex-Minister Erwin Lanc schon vor Lieferung der ersten Kanone in den Irak von Saddam Hussein auf die längst fälligen Artillerie-Lieferungen angesprochen worden war, hat bei der Beurteilung offenbar auch keine Rolle gespielt. Offensichtlich hat das Auftreten des ehemaligen Ministers alle Zweifel beseitigt, stellte er doch vor Gericht fest, er habe das alles ganz anders verstanden. Und wenn das ein Minister sagt... Alles klar.

Wo Politik in die Justiz hinein-

spielt, ist das Geschehen immer für Überraschungen gut. Höch&t informierten und äußerst verdächtigen Hauptakteuren bei Wirtschaftsdelikten mit politischen Querverbindungen : Udo Proksch, Erwin Tautner, Wilhelm Papst gelang es, vor den Augen der Justiz (oh Schreck) ins Ausland zu entkommen -welch ein Mißgeschick!

Weil dann aber doch prozessiert werden mußte, etwa im Fall Klimatechnik, bekamen einige Manager - Recht muß schließlich Recht bleiben-strenge Strafen. Erst nach neun Jahren wurden sie kürzlich rehabilitiert. Andere (mindestens ebenso involvierte) hatte man dafür gar nicht erst angeklagt.

Wie peinlich auch, daß Udo Proksch Heimweh bekam und gefaßt wurde. Man mußte ihm den Prozeß machen. Bei den Merkwürdigkeiten aber ist es geblieben: Nun macht das Gericht sogar einen Ausflug in den indischen Ozean - Lokalaugenschein am Meeresboden als Voraussetzung für einen Schuldspruch! Was wäre aber aus dem Noricum-Prozeß bei ähnlich gediegener Beweissicherung in den Ministerien geworden?

O justitia!

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