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Kulturoffensive im Osten

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Was tun, wenn Grenzen plötzlich offen sind, Nachbarn zu Hunderttausenden nach Österreich kommen, manche sogar nach einem Mariahilferstraße-Shopping in eines der nahegelegenen großen Museen wandern, wenn der österreichischen Kultur von heute auf morgen ungeahnte Möglichkeiten in den früher so eng verbundenen, dann über Jahrzehnte abgeriegelten Oststaaten offenstehen? Die wirtschaftliche durch eine kulturelle Offensive in den betreffenden Ländern ergänzen!

Bernhard Stillfried, Leiter der Kulturpolitischen Sektion im Außenamt, hat die Gunst der Stunde erkannt. Jetzt oder nie muß Österreich in Osteuropa verstärkt tätig werden, vermitteln, was Österreichs Wesen und Kulturleistung ausmacht - auch Know how in diesem Bereich. Das Netz der Vertretungen mit den Kulturattaches ist erste und fast einzige Basis eines kulturellen Engagements Österreichs im Ausland. Für eine österreichische Kulturoffensive im Osten wurde das bisherige rein operative Budget der Sektion V (damit wird kein Personalaufwand an den

Botschaften bestritten, auch andere Kosten wie Strom- und Sachaufwand nicht, sondern bloß Kunst-und Künstlerförderung betrieben -nicht eingerechnet Großveranstaltungen etwa mit Staatsoper .Wiener Philharmonikern, Sängerknaben, Lippizanern, die manchmal rein kommerziell abgewickelt werden, manchmal als Prestigeprojekte funktionieren; Japan beispielsweise zahlt diesen österreichischen Kulturexport immer selber) im Außenministerium von knapp 23 Millionen Schilling um zehn Millionen erhöht. „Das ist ein Witz", sagt Stillfried, der - was seine Ostinitiative betrifft - in einen „mühsamen bürokratischen Krieg" verwickelt ist; nicht auf Beamtenebene, wie er versichert, hier sei die Zusammenarbeit mit Wissenschafts- und Unterrichtsministerium zufriedenstellend. Aber mit der Gewichtung der Kultur ist Stillfried nicht zufrieden. Deswegen wird er auch „keine Ruhe geben" und massiv an Finanzminister und Regierung appellieren, endlich etwas für österreichische Schulen in Prag und Budapest zu tun. „Wir wollen beispielsweise ein österreichisches Gymnasium in Budapest, ähnlich dem St.Georgskolleg in Istanbul." Das sind die Dimensionen, in denen Stillfried denkt. „So etwas wäre ja auch für unsere Wirtschaft ausgezeichnet verwendbar. Natürlich ist das ein 100 Millionen Schilling Projekt, der Jahresbedarf beträgt etwa 30 bis 40 Millionen Schilling. Bei einer Wirtschaftsbesserung in Ungarn kann sich das geben. Aber jetzt müssen wir einmal den Anstoß geben."

Initiativ werden, motivieren in Österreich, das ist Stillfrieds Idee. Zusammenarbeit soll die Folge sein. „Denn es geht auch darum, von unseren Ostpartnern zu lernen." Nicht alles, was von Österreich kommt, soll und wird eine Hilfsaktion sein. So werden Pöchlarn und Mödling Partner des polnischen Zakopane, wo eine Holzfachschule entstehen soll. „Wir müssen Partner in Österreich finden, damit etwas geschieht", sagt Stillfried, der sich von der Bundesregierung eine „ Absegnung" dieses Projektes (300 bis 400 Millionen Schilling auf drei Jahre) erhofft.

Dann können in Krakau, Posen, Lublin, Brünn, Preßburg, Szeged, Marburg, Udine, Szombathely und eventuell auch in Olmütz Leseräume einer Österreich-Bibliothek, deren Grundausstattung 3.000 bis 5.000 Bücher betragen soll, errichtet und Lektoren zur Betreuung dafür in Österreich ausgebildet werden. Dann wird es auch möglich sein, ein Medieninstitut an der katholischen Universität in Lu-blin(darüber wird die FURCHE noch berichten) und ein Ökologie-Institut in Krakau einzurichten. An vielen Projekten - so Stillfried -sind Wissenschafts- und Unterrichtsministerium beteiligt: „Jetzt geht's um die Initialzündung. Wir dürfen nicht alles den Bundesdeutschen überlassen. Auch wir haben etwas zu bieten. Und das Beste, unser Wissen, unser Know how, unsere Kultur, wollen wir unseren Nachbarn anbieten."

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