7170828-1982_45_05.jpg
Digital In Arbeit

Lebensstil hat Folgen

Werbung
Werbung
Werbung

Jede Frage hat Folgen.

Und gerade in der heutigen Zeit müßten mehr Fragen denn je gestellt werden.

Wir alle kennen die weltweiten Ausmaße der ökonomischen und ökologischen Krise. Viele fragen sich, wieso es so weit kommen konnte. Doch bei aller Kritik an gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklungsprozessen muß es uns doch klar sein, daß letztlich der Mensch der Träger dieser oder jener Entwicklung ist.

Wir müssen daher konkrete Fragen stellen und wenn es möglich ist, auch Namen nennen. Die Transparenz von Verantwortlichkeiten ist nur erreichbar, wenn wir auch die Verantwortlichen transparent machen.

Politik und Persönlichkeit sind eine Einheit. Der persönliche Lebensstil kann eine Folge einer bestimmten Art von Politik sein. Eine bestimmte Art von Politik kann oft die Folge des persönlichen Lebensstils sein.

Grundsätzlich muß daher zu jeder Zeit und an jedem Ort die Möglichkeit bestehen, Fragen nach der Politik und dem persönlichen Lebensstil zu stellen.*)

Fragen und Antworten sind Ausdrucksformen sozialer Kommunikation und der Demokratie. Wer fragt, kann daher vom Befragten Antwort erwarten.

Auch auf Parteitagen.

Welche Optik entsteht eigentlich, wenn der Befragte auf dem ' Parteitag nicht antwortet und der Fragesteller abgewählt wird? Es entsteht der Eindruck als wären Fragen über den persönlichen Lebensstil unerwünscht.

Dieser Eindruck hat auch viele Betroffene betroffen gemacht. Vielen wurden die politischen Folgen der vielleicht „kollektiven Reaktion" erst einige Zeit später klar. Ihre Antwort war eine Antwort ohne Rücksicht auf die Folgen der Frage, die im Ergebnis schonungslos die „Freiräume" für kritische, parteiinterne Diskussion aufgezeigt haben.

Hundertfach stellten sich die Fragen und keiner wollte sie konkret dem Betroffenen stellen. Oberflächliche Solidarität und Loyalität darf die politische und moralische Notwendigkeit von Fragestellungen nicht überdek-ken. Diskussionsprozesse, Selbstreinigung und politische Korrekturen beginnen oft mit Fragen. Daher muß auch der Fragesteller bereit sein, Fragen zu akzeptieren und Antworten zu geben.

Dieser dialektische Prozeß kann ohne Rücksicht auf die politischen und moralischen Folgen nicht sinnvoll sein. Fragen und Antworten sind daher einige der Wesensmerkmale auch einer demokratischen und sozialistischen Politik.

In diesem Sinne haben daher auch meine „drei Fragen" des 27. ordentlichen SPÖ-Parteitages ihre politischen und moralischen Folgen. Sie werden von verschiedenen Genossen auf vielen Ebenen der Partei an betroffene Genossen gestellt.

Nicht nur diese drei Fragen.

Es erhebt sich aber auch die Frage, ob eine Partei, die Verantwortung trägt, es sich leisten kann, diese Fragen immer wieder zu stellen.

Als Antwort bleibt ein klares Ja.

Die Partei, die Offenheit, Selbstkritik und Bereitschaft zu sozialistischen und moralischen Erneuerungen signalisiert, wird zur rechten Zeit auch auf längst zu erwartende Fragen des Wählers befriedigende Antworten geben können.

Da können auch innerparteiliche Fragesteller nicht störend wirken.

Und so „dumm" kann keine Frage sein, daß nicht auch sie eine Antwort verdiente.

Josef Cap ist Vorsitzender der Sozialistischen Jugend.

•) Cap richtete am 28. Oktober im Rahmen des SPÖ-Parteitages in Wien an den burgen-ländischen Landeshauptmann Theodor Kery folgende drei Fragen: „Stimmt es, daß dein Einkommen wirklich soviel größer ist als das von Bundeskanzler Kreisky 7 Stimmt es, daß du trotz eines hohen Einkommens verbilligten Strom beziehen kannst? Und stimmt es, daß du in der Freizeit Maschinenpistolenoder Pistolen- oder Comba tschießen oder wie man das nennt, betreibst?" Kery hüllt sich in Schweigen. Statt ihm gab Vizekanzler Fred Sinowatz auf dem Parteitag eine ausweichende Antwort. Bei der folgenden Wahl in den Parteivorstand erhielt Cap durch Streichungen nicht die erforderliche Stimmenzahl.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung